Von Günter, 05.10.2011

PAUL FOX COLLECTIVE/ ROACHFORD/ EXAMPLE/ ALOAN/ SABRINA MALHEIROS/ GOTYE

Mit dem heutigen Text wäre es fast nichts geworden. Als bekennender Balkon-, Garten- oder sonst wo draußen Fan hätte ich diesen Abend auch gern dort verbracht. Viele Gelegenheiten dazu gab es ja über den Sommer nicht. Sowohl die Sucht nach, als auch die selbst auferlegte Pflicht, neuen Tonträgern etwas Öffentlichkeit zu verschaffen, trieben mich dann doch an die Tasten.

Cover: Sabrina Malheiros– Brasilectro? Brasilution? Brasil oben!

Weil es solche wundervollen Klein-Ode gibt, wie das Erstlingswerk des Luxemburgischen Trommlers PAUL FOX mit seinem COLLECTIVE. Jazz, akustisch, modern - nicht modisch. Im Gesamteindruck überlegt und ruhig, im Detail sehr dynamisch und spontan. „Submerging & Emerging“ erinnert mich (bitte nicht als Vergleich verstehen!) an ECM Produktionen der Jahrgänge bis etwa 76. Ein echter Gegenpol zur US Amerikanischen Definition des Genres. Mit Saxofon und Gitarre für die Melodien, Bass, Klavier und Drums für den durchaus schon mal handfesten Unterbau und bei wenigen Gelegenheiten um Sängerin STEPHANIE NEIGEL erweitert, halte ich dieses COLLECTIVE auch für einen wertigen Kandidaten für das nächste JAZZFEST in GRONAU und für spannende, intelligente Kurzweil zuhause sowieso.
Nach sehr langer Pause meldet sich ein (nicht nur) Münsteraner Liebling mit einer neuen Platte zu Wort. ROACHFORD kommt nach 5 Jahren mit „Addictive“ zurück. Und er schafft es den größten Teil seiner frühen Qualitäten mit neuem Leben zu füllen. Sehr Harmonisch, aber nicht ohne Druck, einprägsame Melodielinien und immer nur bis ganz kurz vor maximal Rocken. Muss m/f nicht (nur) aus sentimentalen Gründen kennen, besser kaufen!


Cover: Gotye – Erfrischend anders

Etwas verwundert bin ich, dass sein „Changed the Way you kiss me“ nicht schon seit Wochen auf Heavy Rotation im Format-Radio rotiert. Dort müsste aber wohl erst mal jemand mit dem Feuerlöscher den schon lange nur noch glimmenden GUETTA - Schwelbrand endgültig ersticken. Denn EXAMPLE kommt mit seinem „Playing in the Shadows“ wirklich frisch daher. Klar, ganz viel 80ies kann m/f durchscheinen hören, aber er kopiert die alten Flausen nicht, er bastelt daraus uptempo und teilweise schräge Club Sounds. Das hat keinen hohen Anspruch, macht aber mächtig Spaß.
In der letzten Woche gab es hier MADEMOISELLE K., von mir (nicht bös gemeint) als Frankreichs Antwort auf PINK tituliert, heute liegt ALOAN’s „Pretty Freaks“ in der Laser-Maschine. Das Schweizer Ensemble bewegt sich mit seiner Musik zwischen steinalten Harmonien und Rhythmen der 50er und ganz jungem, elektronisch aufgepepptem Rock. Zwischen GRUPPO SPORTIVO, DUFFY, für den Rock fällt mir kein passender Vergleich ein. Kein Retro Style, sondern einfach ein gelungener, ganz und gar undogmatischer Ansatz. Sie erfinden das Rad nicht, sie sorgen aber dafür, dass es kräftig in Schwung bleibt.


Cover: Paul Fox Collective – Erstaunlich selbstbewusstes Debut

Mit schöner Regelmäßigkeit versorgt uns SABRINA MALHEIROS mit neuer brasilianischer Popmusik mit eingearbeitetem Downbeat / Elektronika Strukturen. Auch auf „Dreaming“ gibt es nicht ‚den‘ Radio - tauglichen Ohrwurm, stattdessen 11 weitere kleine Perlen für die qualifizierte Lounge. Ganz entspannt wunderbar gesungen, gebremste Brasil-Beats und diese typischen, fesselnden Harmonien. Perfekt für den lauschigen Abend (an der Luft..).


Zum Finale gibt es heute „Making Mirrors“, das 2. Werk des Australischen Projekts GOTYE. Die ist sicher nicht so gut und wichtig für die Welt, wie ich jetzt gleich schreiben werde, aber sie ist zum großen Teil einfach toll anders. 2 Junge Männer basteln mit sowohl gesampleten, als auch echten Instrumenten, zum Teil aus Song - Fragmenten anderer Künstler, ihre eigene Vision von Radio - Pop, sparsam bis eigenwillig instrumentiert, in Eigenregie produziert und trotzdem ordentlich und rund im Sound (soweit es Intention ist). Die Singstimme erinnert etwas an STING, aber die Musik liefert ganz andere Assoziationen. Etwas Art-Rock, manchmal in der Nähe von Singer / Songwriter, aber immer sehr eigenständig. Genug, einfach das tolle Video zu „Somebody That I used to know“ auf youtube ansehen. Zur Duett-Partnerin KIMBRA werde ich hier sicher auch ein paar Worte verlieren, aber der Kohlenfrachter mit ihrer CD an Bord hat noch nicht am Kreativkai angelegt…

Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

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