Von Günter, 21.03.2012

MUSIKaPOTHEKE/ LIANNE LA HAVAS/ RUSCONI/ KNUT BJORNAR ASPHOL/ MICATONE/ DANIEL ROSSEN/ BOWERBIRDS/ THIS MUST BE THE PLACE/ I’M GOING SLIGHTLY MAD

Das geht ja wieder nahtlos ineinander über: Zuerst 16 Wochen Bundespräsidenten hin und her und jetzt direkt in den NRW Wahlkampf. Als gäbe es keine wirklichen Probleme zu bearbeiten.

Feine Musik!

Mein einziges Problem ist, dass diese Seite nicht ausreicht, all die interessanten Produkte, die mir vorliegen, gleichzeitig abzubilden. Deshalb gleich zu den Worten.


Ballade des Jahres?

LIANNE LA HAVAS „Lost & Found“ enthält nur 5 Titel. Zum Preis von etwas mehr als einer Maxi CD gibt es ein kleines Päckchen sparsam instrumentierter Musik in der Grauzone zwischen Singer / Songwriter – Ballade und leicht jazzig vorgetragenem Gesang. Ihr Duett mit WILLY MASON „No Room for Doubt“ zählt für mich definitiv zu den Perlen (danke, Werner) dieses noch jungen Jahres. Viel Romantik, etwas Kitsch, aber alles in allem eher bittersüß. Ganz einfach, ganz einfach gut.


Irre Gedanken zu klasse Musik

Gar nicht einfach dagegen ist „Revolution“ von RUSCONI. Nach den SONIC YOUTH Bearbeitungen aus 2010, von denen 2 hier als Live-Aufnahmen geboten werden, experimentiert dieses „konventionell“ besetzte Trio aus Bass, Drums und Piano weiter im Feld zwischen Jazz, Pop und Geräuschklängen. Von sehr harmonisch und zugänglich bis zu Feedback-Tönen ist es oft nur ein kurzer Moment. Vom Klang weniger, von der Herangehensweise aber durchaus vergleichbar mit dem ESBJÖRN SVENSSON TRIO.


Nach diesen manchmal ungezähmten Klängen ist ein beinahe mystisch anmutendes Album, wie „Mnemonic“ von KNUT BJORNAR ASPHOL eine echte Entspannung. Diese Titel bauen sich sehr langsam auf, entwickeln nach und nach rhythmische Strukturen, Harmonien, schaffen Spannung, die mal weniger, mal mehr abrupt aufgelöst wird. Eben nordischer Jazz, ein wenig in Richtung ECM mit mehr Easy Listening. Für die Zeit, wenn es langsamer dunkel wird.

Neues von LISA BASSENGE, die auf vielen Partys tanzt. In diesem Fall in der Kombination MICATONE und in englischer Sprache. „Wish I was here“ ist wieder einmal hochklassiger Pop im leicht angejazzten Gewand, der besonders durch ihre Stimme und ihre Art zu singen deutlich aus dem Gros des Wettbewerbs herausragt. Hier höre ich mal etwas die 60ies durchscheinen, dort mal wieder zeitlose Soul-Harmonien. Keine Revolution, aber bestmögliche Unterhaltung.
Schon wieder eine Kurzspielplatte: DANIEL ROSSEN‘s „Silent Hour/Golden Mile“, Neofolk oder etwas experimentalerer Songwriter, ausgerechnet auf dem WARP Label (bekannt eher für vorzüglich Elektronisches..). Fast im Alleingang eingespielt, mit einfachsten Mitteln. Vielleicht gerade deshalb so vielseitig und spannend, weil er nicht viel mit anderen diskutieren musste, wie so etwas denn „richtig“ klingen sollte. Gutes Songmaterial muss nicht zwangsweise in Perfektion tot produziert werden! Leider nur 5 Tracks.

In ihrem dritten, endlich „ordentlich“ produzierten Album „The Clearing“ zeigen uns die BOWERBIRDS, was sie unter inspiriertem Liedermachen verstehen. Größere, rundere Arrangements für weiterhin großartige Songs. Einfache Wahrheiten aus dem Zwischenmenschlichen ohne unnötigen Zirkus drum herum, in nicht besonders Radio-taugliche und doch gut eingängige Harmonien gepackt. Und wundervoll gesungen, mal von ihm, mal von ihr. Ist aber vielleicht trotzdem zu sensibel für diese Zeit….

Über das ganze Album schreibe ich wohl erst zum einjährigen Geburtstag, aber GAVIN FRIDAY’s „Lord I‘m coming“ eröffnet auch den wunderbaren Soundtrack zu „THIS MUST BE THE PLACE“. Den Film habe ich nicht gesehen, ist auch für den Genuss des Soundtracks nicht erforderlich. Bunt gemischt aus MANTOVANI (!?), klassischen Stückchen, JONSI & ALEX, IGGY’s „Passenger“ und ganz besonders den PIECES OF SHIT. Pseudocombo im Wesentlichen aus WILL OLDHAM (für den ich eigentlich kein besonderes Faible hege), der als Sänger mit Band vornehmlich die Texte von DAVID BYRNE umsetzt. Wundervoll entspannt, toll kombiniert. Da freu ich mich schon wieder auf die Veranda.

Schräger Tipp zum Abschluss, der aber gut meinen Gemüts-Zustand nach einer Woche mit so unterschiedlicher Musik beschreibt: „I’M GOING SLIGHTLY MAD“, 29(!) Songs aus mindestens 7 Jahrzehnten rund um das Thema „Ich glaub‘, ich werde verrückt“. Grosse Namen, verschollen Talente, viele hatten einen interessanten Beitrag zu diesem Thema. „Gloomy Sunday“ oder „Crazy he calls me“ waren trotz des Inhalts sogar Hits. Vielfältig, gut ausgesucht und zum Glück nicht ganz irre.

Das alles kann m/f ansehen und anhören und sogar kaufen in jedem gut geführten Plattenladen, wahrscheinlich auch im Internet, aber ganz sicher ab 7. April und dann an jedem 1. Samstag („Langer Samstag“) im Monat von 11.00h bis 15.00h in der BREITEN GASSE 1, Anzeigenannahme der NA DANN, wo die MUSIKaPOTHEKE ihre Tür wieder öffnet und noch ganz andere „Schätze“ ans Licht des Tages zerrt. Da freue ich mich schon drauf!
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

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