Ohrenschmauch
Von Günter, 20.06.2012
MUSIKaPOTHEKE/ CORY BRANAN/ SWEET LIGHTS/ Mr. DAY/ TRIBAND/ DANIEL PRANDL/ GLEN HANSARD
Möchte jemand einen Tipp zum besseren Überleben der vielleicht bald auftretenden Währungskrise? Es gibt sicher auch andere interessante Tauschobjekte gegen Nahrungsmittel & Heizpellets. Bücher z.B. oder Kleidung. Aber bestimmt Tonträger (Schallplatten und CDs), gewiss wohl nicht die virtuelle Variante. 1Klafter Brennholz gegen einen 8GB Stick mit willkürlich (geschnorrt oder auch nicht) zusammengestoppeltem Formatradio-Stoff? Dann schon eher ein Sack Kartoffeln gegen die 8er CD Box „The Complete ROXY MUSIC“, wetten?
Damit die Katastrophe etwas abgemildert wird, gibt es auch in dieser Woche neuen, tauschenswerten Stoff aus dem einzig Wahren wöchentlichen Stadtmagazin!
Trotz meiner latenten Gitarren-Allergie sage ich heute soviel Gitarre an, wie ganz selten. Los geht es mit CORY BRANAN und dessen Erstling „Mutt“. Überschwenglich würde ich sagen, die Reinkarnation von DYLAN, COHEN, SPRINGSTEEN, MELLENCAMP, PETTY…. in einer Person. Realistisch: Sehr hoffnungsvoller Newcomer in der Singer/Songwriter Gilde, mal mit weniger, mal mit mehr Band, wortgewaltig, präzise beobachtend und beschreibend. Nicht sanft und süffig, eher eckig, aufgekratzt, enttäuscht und auf der Suche. Ins Radio kommt er eh nicht, ab in den Laden!
SWEET LIGHTS, genauso der Album Titel, klingt nach Band, ist aber ein 1 Mann Projekt. Stuft m/f CORY BRANAN als mehr der rockenden Seite des Liedermachens zugetan ein, dann verkörpert SHAI HALPERIN, der Mann hinter SWEET LIGHTS, das zum Pop gewandte Gesicht. Einschmeichelnde Harmonien, durchsichtige, luftige Produktion, passender Gesang und gerade nicht, wie von der Stange klingend. Hört sich an, als hätte er ganz viel ausprobiert, um dann bei wenigem, sinnvollem zu bleiben. Dieser Platte unterstelle ich eine sehr lange Halbwertzeit. Also auch in 5 Jahren noch ein Schatz.
Vor den Jazz CDs noch schnell den Hit dieses Sommers: Mr. DAY „Dry up in the Sun“. Weißer Soul aus Frankreich! Strammer Bass, geradlinige Drums, fette Bläser, so wie wir es von MOTOWN und ATLANTIC (nicht nur..) lieben gelernt haben, dazu ein Stimmgewaltiger Sänger (den eingeweihte von den DYNAMICS kennen können), der für jedes Tempo und jede Stimmung den richtigen Tonfall findet. Ob shouten zum Upbeat oder CURTIS MAYFIELD Style zu den Balladen. Groß! Mal eine ganz andere, viel frischere Musik für das nächste Barbecue. Es leidet lediglich der Rasen…
So, etwas Tempo herausnehmen für die TRIBAND „Live at Schloss Elmau“. Nach 8 gemeinsamen Jahren und 3 CDs feiern sie ihren Abschied mit einem wundervollen Live Konzert. Ergänzt um Kontrabass und Streichquartett, ja, zelebrieren sie ihre Mischung aus elegantem Pop und eingängigem Vokaljazz ein letztes Mal in Perfektion. Die feine, hohe Stimme von SANDY WOLLASCH, die „ich bin fast nicht da“ Schlagwerk-Begleitung von TOMMY BALDU und die Piano Perlen von SEBASTIAN STUDNITZKY (dessen „KY do Mar“ Album ich noch mal wärmstens empfehle) werden in dieser Kombination werden nicht nur mir fehlen. Der Jazz Polizei wohl eher nicht…
Die kann sich schadlos halten an DANIEL PRANDL’s Album „Fables & Fiction“. Mit seinem Trio plus Saxofonist (also Quartett..) hat er 9 eigene Kompositionen eingespielt, die deutlich machen, dass Deutschland im Modern Jazz längst nicht mehr Entwicklungsland ist. Zwischen streng durch arrangiert und beinahe frei Improvisiert gibt es eine große Spielwiese für den exzellent trainierten Pianisten und seine Mitstreiter. Die wird nicht nur durch Tempo und viele Töne gefüllt. Feinfühlige Balladen und Walzer-Rhythmen können auch ganz schön Jazz daherkommen. Wie kann m/f so inspirierende Musik einem größere (nicht nur Fach-) Publikum nahe bringen?
Dieser Mann muss singen: GLEN HANSARD, spätestens seit dem Soundtrack zu „ONCE“ wartet eine große Fangemeinde auf sein „eigenes Album“. Mit „Rhythm and Repose“ erfüllt er diesen Wunsch auf seine ganz eigene, sehr persönliche und eher leise Art. Melancholisch, ernüchtert, aber nie ohne den Blick auf das hoffentlich auftauchende Licht am Ende des Tunnels trägt er seine Geschichten mal zu sparsamer, gelegentlich auch zu opulenter Begleitung vor. Ohne Aufregung, ohne Hast, jemand, der weiß, was er tut und vor allem, wann. Auf den Punkt.
Das alles kann m/f ansehen und anhören und sogar kaufen in jedem gut geführten Plattenladen, wahrscheinlich auch im Internet, aber ganz sicher am 7.JULI und dann an jedem 1. Samstag („Langer Samstag“) im Monat von 11.00h bis 15.00h in der BREITEN GASSE 1, Anzeigenannahme der NA DANN, wo die MUSIKaPOTHEKE ihre Tür öffnet und noch ganz andere „Schätze“ ans Licht des Tages zerrt. Ich hoffe, wir sehen uns da!
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de