Von Günter, 17.04.2013

LENACAY/ CARGO CITY/ PORTICO QUARTET/ CHARNETT MOFFETT/ CALIBRO 35/ ANGELINE MORRISON

Auch in dieser Woche wird hier nicht die Wiedergeburt des Rock abgefeiert. Dafür gibt es einen bunten Mix interessanter Musik. Der beginnt mit dem 1. Album der Nachfolger der spanischen OJOS DE BRUJO. Die nennen sich LENACAY und bieten auf „Ryma“ eine fulminante Weiterentwicklung ihrer spezifischen Mischung aus Flamenco und diversen Stilmitteln der Pop-Musik. Mit wechselnden Sängerinnen steuern sie durch harmonischen Pop, kräftige Downbeats, Funk und selbst vor frickeligen Rockjazz-Passagen scheuen sie nicht. Nicht leicht zu verdauen, hochinteressant und ambitioniert.

Die Erben der Ojos de Brujo

Im Vergleich dazu klingt „Talking to myself“ der Frankfurter CARGO CITY sehr viel bodenständiger, beinahe konservativ. In der klassischen Bandbesetzung plus oft zweistimmigem Gesang legen sie 10 klar und geradlinig produzierte und geschickt arrangierte Songs vor, pendeln unverkrampft zwischen ‚viel zu schön‘ für Independent und ‚viel zu wenig Bombast‘ für Pop. Denen wünsche ich viele HörerInnen.


Etwas Neues gibt es auch vom fleißigen PORTICO QUARTET. Gleich als Doppel CD. Auf der 2. Platte finden sich die derzeitigen Liebling-Remixe aus dem eigenen Repertoire, angefertigt von z.B. SBTRKT, WILL WARD oder LUKE ABBOTT. Da werden aus den oft filigranen (Hallo Jan!) Klangkunststückchen teilweise echte Groovemonster. Ein ganz anderer Blick auf die elektro-akustischen Spinnennetze der vier Klangtüftler. Platte 1 zeigt die Band, wie sich selbst am liebsten hört: Live. Tiefe Frequenzen aus der Elektronik werden mit struppigen Beats aus der eigenwilligen Handtrommel unterfüttert und darüber Klangflächen gelegt, die sowohl aus der Retorte als auch aus ungewöhnlich gespielten Instrumenten stammen könnten. Zwischen Ambient, Minimal und Drum’n’Bass. Nix für Harmoniesüchtige.

Entdeckung!

Noch eine für eher dem Jazz zugewandte HörerInnen. Eine Bass solo Platte. Aber keine Musiker-Musik! Eingeweihte werden seine Fähigkeiten schon länger schätzen, zuletzt ließ er sein wohlklingendes akustisches Instrument für seine Label-Chefin singen (JANA HERZEN „Passion of a lonely Heart“ weiterhin unbedingt empfohlen!), auf „The Bridge“ liefert CHARNETT MOFFETT 20 Miniaturen von Jazz Klassikern, Traditionals und Eigenkompositionen. Von ELLINGTON über MONK zu MILES und den BEATLES intoniert er mit nur4 Saiten derart vollklingend, dass einem gar kein anderes Instrument fehlt. Keine Kunstfertigkeits-Vorführung, sondern Musik für Körper und Seele. Habe ich vorher so noch nie gehört. Chapeau!
CALIBRO 35 zeigen sich auf ihrem 3. Album „Any resemblance to real Persons…“) deutlich weiterentwickelt und jazz-rockiger als in der Vergangenheit. Dabei bleiben sie jedoch weiterhin ihrer Inspiration treu, nämlich den Sound und das Gefühl alter italienischer B-Movie Soundtracks ins Hier und Jetzt zu übertragen. So modern, wie sie gelegentlich rhythmisch daher kommen, so Old School klingen die Tracks zwischendurch wegen der auch früher gebräuchlichen jedoch auch damals nicht alltäglichen Harmonie-Instrumente. Vorzüglicher neuer Wein in alten Schläuchen.


Bass solo, extra harmonisch.

Zum Finale noch eine ganz schöne. Waschzettel weg, Quelle ungewiss, Überraschung! Eine Stimme, die zwischen lieblich folklorig, 60ies Beat Betonung, und swingendem Jazz Crooning ohne Bruch hin und her schwenken kann. ANGELINE MORRISON heißt die Entdeckung, der Titel ist vermutlich Programm: „Are you ready Cat?“. Und sie ist! Nach leichter Irritation durch die ersten beiden Titel, gewinnt sie spätestens ab Song Nummer 3 eigentlich jedes Herz. Leichter Latin Beat, schräge Streicher und melancholisches mehr seufzen als singen. Ach, was schreibe ich hier, selbst hören. Unbedingt!
na dann... Tschüß! i.m.trend@muenster.de


All das und noch viel mehr gibt es ab sofort jeden Samstag von 11-15h in der Musik-apotheke in der Breiten Gasse 1 (Anzeigenannahme der
na dann…). Herzlich willkommen!

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Günter Günter

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