Von Günter, 18.09.2013

CYRILLE NEVILLE/ TONY JOE WHITE/ KENTYAH presents M1, BRIAN JACKSON & THE NEW MIDNIGHT BAND/ JOCELYN B. SMITH/ SOLA ROSA/ MUYAYO RIF/ CLASSIC BANJO

Sofort zum dem Text, für den vergangene Woche kein Platz mehr war. Hier kommt die neue CD von CYRILLE NEVILLE „Magic Honey“. Über ihn viele Worte zu verlieren ist wie den Jazz nach New Orleans tragen. 12 mal Blues aus den verschwitzten Sümpfen, dargeboten von einer kompakten Band mit einem herausragenden Sänger. Klasse Variationen des Themas in sowohl eigenen Stücken, als auch ausgesuchten (nicht wirklich bekannten) Cover-Versionen von PAUL BUTTERFIELD bis NICK GRAVENITES. Als Gäste ALLEN TOUSSAINT, Dr. JOHN…., muss ich mehr sagen? Da schlägt mein Roots-Herz höher…

Neue Töne vom alten Meister

…und kriegt gleich Nachschub. TONY JOE WHITE, Swamp-Rocker der ersten Stunde, verwöhnt uns auf seine alten Tage mit einem neuen Album (CD/2LP). Keine Experimente, kein Pop, keine technischen Tricks. Sparsam in Harmonie und Instrumentalarbeit, straight im Groove dazu von fast allen Tracks den ersten Anlauf aufgenommen und verwendet. Entsprechend kompakt, erdig und authentisch klingen dann auch alle 9 Titel. Entweder m/f kann’s oder m/f braucht einen Produzenten..


Mehr von alten Helden. Im 2. Jahr nach GIL SCOTT-HERON’s Tod haben sich eine nennenswerte Anzahl Weggefährten plus diverse Beeinflusste und Verehrer zusammengefunden, um sein ‚Erbe‘ fortzuführen. Unter der Regie von KENTYAH tragen BRIAN JACKSON, Mitglieder der AMNESIA BAND, der MIDNIGHT BAND, CHUCK D., AIRTO, DEAD PREZ und weitere Gäste mit respektierten Namen die Fackel weiter. Keine Cover-Versionen, bestenfalls Anleihen aus Songs des Jazz Poeten. Aber ganz in seinem Sinne, also sehr viel Spoken Word (ich sage extra nicht Rap), durchsetzt von passend arrangierten Gesangstiteln, unterlegt mit Grooves, wie wir sie von GIL SCOTT-HERON kennen, an denen sich auch GURU mit den frühen JAZZMATAZZ oder in jüngerer Zeit ROBERT GLASPER orientierten. KENTYAH presents M1, BRIAN JACKSON & THE NEW MIDNIGHT BAND, langer Projektname, aber kein Bandwagon, feiner Soul-Jazz mit Tiefgang. Schon wieder vom MOTEMA Label!

Songwriting Kultur!

Und noch eine graue Panterin, wenn ich diesen Vergleich benutzen darf. JOCELYN B. SMITH, in der Vergangenheit regelmäßig Live in der Domstadt, ist mit „Here I Am bereits bei Studio Album Nr. 11 angekommen. Es war ein langer Weg von der begeisternden Soul-Sängerin hin zur ihrer jetzigen Songwriting-Kultur. Sie singt natürlich immer noch mit sehr viel Seele, handwerklich besser, als je zuvor, doch das Material hat sich gewandelt. Vom eingängigen, flüssigen Soul zu sehr erwachsenem Liedgut mit viel Verwandtschaft zum Jazz, das aber auch Momente aus der klassischen Musik mit einbezieht. Mit kleiner Mannschaft und wie immer, zum großen Teil selbst produziert, ein Album für das Finale des Tages. Wenn m/f Track 11 abwählt, der ist so funky, dass er als Start für eine durchtanzte Nacht bestens geeignet ist.


Gil Scott-Heron’s Erbe

Wo wir doch gerade bei funky waren….SOLA ROSA’s „Low and Behold..“ klingt überhaupt nicht nach dem Vorgänger. Vielmehr hat sich das muntere Projekt für das neue Album an fettem Acid Jazz, HipHop Beats und eher 80er Jahre Funk orientiert. Die satte Produktion im Verbund mit den von Song zu Song wechselnden Stimmen halten das Album stramm in Fluss, feine Bläser und andere Arbeit an Melodie-Instrumenten sorgen für Farbe. Was tun sich die Neuseeländer in den Tee, dass sie so knackig grooven? Höre auch FAT FREDDY‘S DROP.


Dass es in Spanien eine sehr lebendige Ska-Szene gibt, weiß ich spätestens seit dem letzten, hervorragenden DR.RING DING Album. Hier kommen MUYAYO RIF mit dem 3. Album „Maldita Comedia“. So uptempo, wie m/f es sich nur vorstellen kann, pfiffige Bläsersätze und geschickte Rhythmusunterbrechungen und dann und wann eine fast punkige Bratgitarre. Ganz hoher Spaßfaktor!

Und noch einer für die Musik-Archäologen: „CLASSIC BANJO“, herausgegeben von SMITHSONIAN FOLKWAYS, da wissen eingeweihte sofort, hier gibt es Raritäten und Geschichte. 30 Tracks aus 70 Jahren (ca 1940- 2010) in 64 Minuten. Mit, wie immer, ausführlichen Angaben zu Musikern und Aufnahmen plus Literaturverzeichnis für alle, die mehr wollen. Zum Banjo und seiner Bedeutung, auch für die Musik von heute, findet sich schon im Booklet weit mehr, als ich hier wiedergeben kann.
na dann... Tschüß! i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
Samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s Musik-apotheke,
Breite Gasse 1.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2013