Von Günter, 02.10.2013

GOLDFRAPP/ ALEXA RODRIAN/ STEPKIDS/ FEELING NICE Vol. 2/ CALVIN KEYS/ ATTILA ZOLLER/ JUKKA ESKOLA ORQUESTA BOSSA/ BOSSARENOVA TRIO

Für die Feiertagsausgabe hätte ich gern alle erwähnten Titel abgebildet, das hätten sie verdient. Dann könnte es jedoch kaum Text dazu geben. Also, wie gehabt, 3 kriegen den Vorzug. Genug Vorrede.

Außergewöhnliche Mischung!

Wer die 1. Platte von GOLDFRAPP „Felt Mountain“ nach wie vor so liebt, wie ich, kann das aktuelle Album „Tales of Us“ ungehört kaufen. Keine Anbiederung an herrschende Trends, Sounds oder Beats, einfach genau das, was sie am besten können in neuen Themen und Variationen.


Jukka Eskola-Big Band Bossa

Genau so trendfrei und ungewöhnlich, dabei aber deutlich mehr dem Idiom Jazz zugewandt kommt ALEXA RODRIAN’s „Mothersday“ daher. Sie führt ihr Trio plus Gäste durch ihre sehr skurile Klangwelt. Konventionelle Instrumente spielen eher im Hintergrund eine Rolle, deutlicher hört m/f Koffer, eine Zirkustrommel und alte Synthies. Allerdings keineswegs als Kuriositäten-Kabinett, sondern unbedingt und gelungen zur Aus- und Untermalung ihrer genauso eigenwilligen Texte. Vielseitig, frisch und sehr unkonventionell, da ärgere ich mich, dass ich nicht schon ihr 2009er Modell gehört habe.


Mutter? Tag?

Ebenso ausgefallen für die Abteilung Funk ist das 2. Album der STEPKIDS. Auch hier kenne ich den Vorgänger nicht, aber „Troubadour“ ist auch ohne Kenntnis der Vorgeschichte ein unbedingter Treffer. Beginnt mit einem fetten GEORGE CLINTON Groove, der von einem Banjo eingeleitet wird, danach Harmonien, Vocals und Bläser wie bei STEELY DAN, etwas ausgedünnt arrangierter Electric Boogie und später etwas MTUME und feine Pop Harmonien. Diese Herren sind keine Youngster, die wissen genau was und warum sie es machen. Trotzdem keineswegs kopflastig oder heterogen im Gesamtbild, sondern intelligente, zeitgemäße Soul Musik ohne Goldkettchen, Retro oder Scheuklappen. Klasse!


Was mich ganz geradlinig zu „FEELING NICE Vol. 2“ führt, dem neuesten Outing von TOBIAS KIRMAYER’s TRAMP Label. Auch kein Retro Soul und Funk, sondern echt und alt. Wo immer er (und DANIEL WANDERS) diese Musik ausgraben, sie haben eine gute Hand, wirklich rares Material zu Samplern aus einem Guss zusammen zu stellen, nicht um der Rarität Willen, sondern ganz im Sinne des Programms: Feeling Nice!

Von echtem, alten Soul und Funk zu altem Jazz, der allerdings ganz frisch aufgenommen wurde. Hatte ich bei erstem Augenschein an einen alten Blues-Gitarristen, der mir noch nicht geläufig war gedacht, stellte sich CALVIN KEYS‘ „Electric Keys“ als sehr entspannte und gekonnt arrangierte Platte mit instrumentalem Jazz, wie er in den 60ern von z.B. GEORGE BENSON oder WES MONTGOMERY geboten wurde, heraus. Das Standard Quartett um Saxofon und Posaune erweitert, füllen diese 6 die durchaus komplexen Kompositionen sehr inspiriert und doch sehr diszipliniert mit Leben. Zwischendurch ein kleiner Flirt mit 80er Jahre Rock Jazz oder einem swingenden Blues Thema unterstreichen lediglich die Fähigkeiten der Beteiligten. Unverhofft kommt hoffentlich noch oft in diesem Jahr!

ATTILA ZOLLER ist sicher einer der meist unterschätzen Jazz Gitarristen aller Zeiten. Umso mehr werden sich Freunde seines sensiblen Spiels zwischen coolem Jazz und freier Improvisation über die definitive Erstauflage von „Jazz Soundtracks“ freuen. 12 Titel aus den ARTHOUSE Filmen von HANSJÜRGEN POHLAND, mit leider nicht mehr bekannter Begleitung überwiegend Live vor der Leinwand eingespielt in den Jahren zwischen 1962 und 67. Sehr harmonischer Jazz, meist in mittlerem Tempo, gespielt mit handwerklicher Raffinesse und ganz viel Seele. Großer Dank nach Berlin an SONORAMA für dieses Fundstück.

Wenig Platz und noch viel Musik. Das JUKKA ESKOLA ORQUESTA BOSSA liefert auf unbetiteltem Album dem Namen entsprechende Musik. Drums, Bass, Piano, 2 Bläser und ein Streichquartett spielen selbstkomponierte Bossa Nova Titel. Diese Finnen versuchen dabei nicht, zu Brasilianern zu mutieren, sondern nehmen diesen spezifischen Rhythmus als Transportmittel für die eigenen musikalischen Vorstellungen. Feiner Jazz für die gehobene Lounge!

M/F nehme: Eine tolle Sängerin, einen hervorragenden Trompeter und Soundtüftler und einen klasse Pianisten. So könnte der geplante Zufall sein, ist aber wiederholte Absicht. PAULA MORELENBAUM, JOO KRAUS und RALF SCHMID setzen die geliebte „Bossarenova“ (mit der SWR Big Band) fort. Als BOSSARENOVA TRIO. Brasilianische Originale verwoben mit etwas Klassik aus dem alten Europa zu unglaublich schönen, langsamen Klängen. „Samba Preludio“ ist feinste Musik (kann m/f auch Jazz nennen) für ‚After Hours‘, also die ganz späte Stunde.
na dann... Tschüß! i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
Samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s Musik-apotheke,
Breite Gasse 1.

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