Von Günter, 24.09.2014

STANLEY CLARKE/ ULRIKE HAAGE & ERIC SCHAEFER/ MUTTER/ JOJO EFFECT/ CHUCK PROPHET/ SUN RA

Eine neue Platte von STANLEY CLARKE ist eigentlich immer ein kleines Abenteuer für Ohren, Hirn und Stereo-Anlage. So auch „Up“, gewidmet seinem langjährigen ‚Partner in Crime‘ GEORGE DUKE, dem zu Ehren er seine Variante der ‚Brazilian Love Affair‘ vorlegt. Ganz gleich, ob mit viel Bläsern, viel Streichern oder vielen Stimmen, es klingt immer eindeutig nach STANLEY, ob Synthi-Bass, elektrisch oder akustisch. Die 12 dynamischen Titel des Albums lockert er mit fingerfertiger Solo-Arbeit auf und am Ende gibt es gar noch ein Duett mit CHICK COREA. Es ist alles drauf, Funk, Jazz, komplexe Riffs, eingängige Melodien und sogar eine aktualisierte Version seiner ‚School Days‘!

Letzter Gruss des Sommers?

Kurz in die Abteilung Kunst und Kultur. ULRIKE HAAGE und ihr langjähriger Duo Partner ERIC SCHAEFER veröffentlichen mit „For all my Walking“ ihre Kyoto Klangtagebücher in Wort und Musik. Um die Wortabteilung (CD1 ‚das Hörspiel‘) habe ich mich noch nicht gekümmert, allein die 2. Platte verlangt sehr viel Muße und Konzentration. Klavier, Melodika und wenige andere, japanische Instrumente bewegen sich zwischen Minimalismus, Komposition und Improvisation. Meist meditativ langsam, jedoch nicht ohne Dynamik und Ausdruck. Für Menschen, denen Musik mehr bedeutet, als ein Geräusch gegen die Stille.


Der Vater von Tom Petty?

MUTTER haben ihre 3. Platte fertig. Handwerklich ordentlich entwickelt, musikalisch einen Fuss vor den anderen setzend, bleiben sie der Melancholie treu. Selbst wenn sie ordentlich losrocken, bleibt diese Grundstimmung. Vergleiche mit JOY DIV. Sind Vergangenheit, „Text und Musik“, so der Titel, ist mehr ELEMENT OF CRIME für die nächste Generation.


Nicht von dieser Welt!

Zurück zum Optimismus, zurück zum Sommer. Einen feinen späten Sonnengruss schicken JOJO EFFECT mit ihrem neuen Album „Smarter“. Leicht und locker, ein kleine Prise Jazz und Swing, entspannte Grooves und, wie auf fast allen CHINCHIN Produktionen, hervorragend ausgesuchte, meist weibliche, Stimmen. Ob eigene Kompositionen oder Remixe, bei denen sie vorhandenen Originalen den typischen JOJO EFFECT unterlegen, stimmig, positiv und auf den Punkt arrangiert.


CHUCK PROPHET bezeichne ich gern als Vater von TOM PETTY, obwohl er sehr wahrscheinlich jünger ist als dieser. 2 Jahre nach dem (sogar hier) recht erfolgreichen „Temple Beautiful“ legt er mit dem „Night Surfer“ ein fast durchweg uptempo Rock-Album vor. Kein Instrument mehr als unbedingt nötig, lieber ein Sound oder ein Riff, dass mal an die STONES oder auch an die NEW RADICALS erinnert. Ohne brachiale Akkorde ordentlich Druck aufbauen, damit die selbst erlebten Texte den korrekten Unterbau haben. Das ist mir lieber, als die philosophierenden Kollegen.

Eins von den beiden Wesen vom anderen Stern treibt noch aktiv sein musikalisches Unwesen (LEE PERRY), das andere, SUN RA, begeht gerade sein 100. Geburtsjahr. Um das gebührend zu feiern hat sein langjähriger Weggefährte für die Doppel CD/LP „MARSHALL ALLEN presents SUN RA and his ARKESTRA – In the Orbit of RA“ Aufnahmen aus etwa 25 Jahren gemeinsamer Arbeit gesichtet, geprüft und zu einer ‚vollen Dröhnung‘ (CD 20 Titel, LP 13) dieser sehr ungewöhnlichen Variante Free Jazz zusammen gestellt. Free nicht im Sinne von atonal oder nicht nachvollziehbar für Laien, sondern im Sinne von es gibt kein Kompositions-Korsett für die Musiker, sondern die Musik entwickelt sich durch ständiges Üben und aufeinander Hören quasi aus sich selbst heraus. Entsprechend lang sind die Tracks, mal konventioneller im Rhythmus, mal fast ohne, aber immer spannend zu hören, weil kaum kalkulierbar. Gut gegen Format-Radio-Schmutz in den Gehörgängen.
na dann... Tschüß! i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

Beiträge 2014