Von Günter, 24.02.2016

RADIO VIENNA/ STANLEY AND THE TEN SLEEPLESS KNIGHTS/ BEN ARNOLD/ RADIATION CITY/ JOE VOLK/ MARKUS REUTER

Österreichisch als Fremdsprache

Als Experten in Sachen World Music sehe ich mich nicht, höre aber viel und habe maximalen Spass daran. Erst recht, wenn mir ein Sampler, wie „RADIO VIENNA“ vor die Ohren kommt. 20 mal „Heurigen Musik“ aus Österreich, aber nicht ANTON KARAS oder HANS MOSER, sondern der Nachwuchs. Auch die haben einen sehr spezifischen Sound UND Humor. Als Tourist wird m/f die Locations vermutlich nicht einmal finden, in denen diese Musiker ihr Bestes geben. Deshalb mit viel Zeit und Kenntnis zusammengesucht und gefördert vom Bayerischen Rundfunk für Die Reihe ‚Heimatsound‘. WANDA ist nur die Speerspitze eines neuen ‚Heimatgefühls‘ des österreichischen Pop, hier kommen noch ganz andere Talente zu Wort. Von Chansonniers über Soul Fans, Oldtime Jazzer bis Balkan beeinflusste und Blues Barden. 20x individuelles Wiener Lebensgefühl, 20x Überraschung und, Österreichisch (Wienerisch) bleibt doch eine Fremdsprache!


Old School Calypso

War das die aktuelle Variante eines alten Lebensgefühls, kommen hier ein paar authentische Veteranen: STANLEY AND THE TEN SLEEPLESS KNIGHTS spielen „Quelbe“, die Heimatmusik der amerikanischen Virgin Islands. Die finden sich östlich von Haiti, entsprechend karibisch geht es hier zur Sache. Eine sehr eigenständige, farbenfrohe Variante, die grob umschrieben, irgendwo zwischen Merengue und Calypso anzusiedeln ist. Selbst wenn m/f sagt, nie gehört, diverse Passagen und Harmonien wurden in den vergangenen 50 Jahren zu dem einen oder anderen veritablen Hit (Hallo Harry Belafonte..) umgearbeitet und erreichten auf diesem Weg unsere Ohren.


Erinnert mich an Van the Man

Mit „Lost Keys“ von BEN ARNOLD ist diese Woche zurück auf der europäischen Seite Pop Musik (für Erwachsene). Mit 5 köpfiger Band und ergänzenden Musikern an Bläsern und Streichern präsentiert er seine selbstgeschaffenen Songs. Und die rocken bisweilen ganz schön, die 2 Gitarristen schaffen sich ordentlich und sorgen dafür, dass das ganze nicht zu brav bleibt. Stimmlich erinnert er dabei, je nach Song, mal an Herrn COCKER, mal mehr an VAN The Man MORRISON.


Spannende Neulinge für mein Ohr sind RADIATION CITY. Obwohl es vor „Synesthetica“ schon 2 Alben und eine EP gab. Im Waschzettel heisst es Space Age Doo-Wop, mich erinnert es an die Zeit, als ein Pop-Song nicht zwangsläufig so endete, wie er begann. Zwischendurch rhythmische und harmonische Verwerfungen, Änderungen in Stimmung und Sound, wie die TUBES in ihren besten Zeiten. Allerdings wohl mit weniger Drogen.

Ziemlich ungewöhnlich für den Entstehungsort Bristol klingt „Happeningsandkillings“ von JOE VOLK. Vordergründig sensibler Sänger und Liedermacher, im weiteren Verlauf jedoch mit fast allen Sound-Wassern gewaschen, einschliesslich erkennbarer Unterstützung durch PORTISHEADs GEOFF BARLOW und dem BRISTOL ENSEMBLE ORCHESTRA. Trotz der Vielseitigkeit des musikalischen Ausdrucks kommt das Album des ex CRIPPLED BLACK PHOENIX Musikers insgesamt sehr geschlossen daher. Seine feinen Kompositionen und die ausgesprochen besonnene Produktion sorgen für interessante Abwechslung über die gesamte Spielzeit.

Bei der nächsten hätte ich beinahe zum ersten Mal zu einer Neuheit recherchiert. Weder der Name MARKUS REUTER noch sein Instrument ‚Touch Guitar‘ sind mir geläufig. Hören klärt auf! Offensichtlich eine elektronische Gitarre, schliesslich spielt er mit den STICK MEN. „Mundo Nuevo“ enthält 10 meist sehr lange Improvisationen, bei denen sein Part live aufgenommen, die ergänzenden Sounds und Instrumente nachträglich per Home- oder Laptop Recording dazu gespielt wurden. Am ehesten Vergleichbar mit den ‚Frippertronics‘. Gitarrenspiel also weniger ERIC oder MARK, als vielmehr ROBERT (FRIPP). Ambient Guitar Music with a Beat, sometimes…

na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de

Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
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