Ohrenschmauch
Von Günter, 14.09.2016
WENDY BEVAN/ DANIEL LANOIS/ WOVENHAND/ TORUN ERIKSEN/ JAZZKANTINE/ PAZ E FUTEBOL 2
Mit den Promenaden-Flohmärkten hat es das Wetter in diesem Jahr nicht so richtig gut gemeint. Toll, dass es zumindest zur ‚Kernzeit‘ beim Promi-Kellnern warm und trocken war. Darüber wurde während der Veranstaltung entsprechend fleissig geredet. Vielleicht im nächsten Jahr den auftretenden MusikerInnen genau so viel Aufmerksamkeit schenken…..
Retro muss nicht immer bis in die 60er oder weiter zurückgehen. Auch die 80er sind eine populäre Ära. Mit deutlichen Reminiszenzen an diese Zeit hat WENDY BEVAN ihr Album „Rose and Thorn“ von Marc Collin produzieren lassen. Inklusive authentischer Synthis und Drum Machines, die Erinnerungen an Suicide oder frühe Human League aufkommen lassen. Stimmungen und Songs, wie sie auch bei Joy Div oder Siouxsie zu finden sind und Inhalte, die heute so richtig sind, wie sie damals waren.
Hat sich in jüngerer Zeit etwas rar gemacht, der Herr DANIEL LANOIS. Sein letztes Werk „Flesh and Machine“ ist durchaus schwere Kost, sowohl rhythmisch, als auch harmonisch. Jetzt meint er es wieder gut mit uns, „Goodbye to Language“ ist feinste Ambient Musik, in bester Tradition des „Apollo“-Albums aus seiner Zeit mit Eno. Klänge aus einem anderen Universum? Dem Raum-Zeit Kontinuum widersprechen? Wer sich Zeit dafür nimmt, wird merken: Medizin gegen die Schwerkraft!
Auch wenn ihnen der grosse Durchbruch bisher nicht gelungen ist, WOVENHAND arbeiten weiter hart daran, ihren Freundeskreis zu vergrössern. Vielleicht kann m/f den Albumtitel „Star Treatment“ als Wunsch interpretieren. Musikalisch geht es von recht rauen Rock-Nummern über Spoken Word auf Klangkaskaden aus Gitarre und Drums im Sinne eines frühen Nick Cave zu straighten Rockern, die wir auch Iggy abgenommen hätten. Selbst bei den eher langsamen Tracks entwickelt der Sound eine unglaubliche Wucht. Ich kenne nur wenige so spannende US Rock-Bands.
Die Nordlichter haben mittlerweile eine sehr eigenständige Variante Vokal-Jazz entwickelt. Dazu zählt auch das neue Werk von TORUN ERIKSEN. Ganz weg von der Ur-Jazz Vorstellung, zu einem Sound, der mindestens so verwandt ist mit Folk, Songwriting, Pop und dem klanglichen Experiment. Mit ihrer nach wie vor mädchenhaften Stimme führt sie auf „Grand white Silk“ ihre sensibel auf sie reagierende Band durch 10 neue, selbst entworfene Geschichten zu Musik. Einmal hören reicht da nicht.
Nach so viel Konzentration jetzt was zum Fusswippen. Die JAZZKANTINE ist nach wie vor aktiv (am 23.10. hier im Hot Jazz Club!) und legt ein neues Album vor. „Old’s’Cool“, das kleine Wortspiel weist auf den Inhalt, 13 Hip Hop Hymnen aus den letzten etwa 25 Jahren, zum Teil mit deutschen Texten versehen und alle mit dem lässigen, etwas angejazzten Groove der Kantinisten in ein neues Gewand gesteckt. Das ist nicht und soll auch kein kultureller Hochgenuss sein, sondern eine ernsthaft, aber mit Humor umgesetzte Verbeugung vor einer Musik, die an keinem von uns, ob Fan oder nicht, spurlos vorbei gegangen ist. Und für die, die zu der Zeit noch nicht auf ‚Planet Rock‘ lebten, der Wink mit dem Zaunpfahl, dass weder Beginner noch Kollegah der Anfang oder das Ende der Fahnenstange sein können. Von „I Know you got Soul“ bis „I shot the Sheriff“ fette Grooves und beste Unterhaltung.
Und dann waren da noch JAZZANOVA, die nach 10 Jahren zum 2. Mal ihren Brasil-Giftschrank öffnen und weitere 19 (!) rare Perlen auf „PAZ E FUTEBOL 2“ verfügbar machen. Auch wenn nicht alle vertretenen Musiker aus Brasilien stammen, gemeinsam haben die Titel, so unterschiedlich sie auch sein mögen, die typischen leichtfüssigen Melodie- und Rhythmus-Linien. Ob deutlich an internationalem Pop orientiert, oder vom Jazz beeinflusst oder gar der Sound aus dem Norden (Forro); ob Samba oder Liebeslied, diese positive, lebensbejahende Ausstrahlung hebt einfach die Laune. Sogar bei Regen!
na dann... Tschüß!
i.m.trend@muenster.de
Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1