Ohrenschmauch
Von Günter, 01.02.2017
MARIA MENDES/ YUKSEK/
Das nenne ich mal international: Sängerin aus Portugal, Combo aus Benelux plus Gast aus Israel, aufgenommen in Osnabrück(!) und finalisiert in den Niederlanden. MARIA MENDES hat für ihr (internationales?) Debüt „Innocentia“ neben 2 eigenen Kompositionen eine breit gefächerte Auswahl an Material aus fremden Köpfen und Seelen getroffen. Die reicht von Charlie Chaplin über Pat Metheny zu A.C. Jobim und Sting. Mit ihrer hohen, kräftigen Stimme traut sie sich auch an schwierige Aufgaben, säuselt, scatted, hält den Ton oder reiht die Worte flott hintereinander. Die gut eingespielte Combo aus dr, b und Piano plus Klarinette auf 4 Tracks schafft ihr dabei die Basis, auf der sie ihre Möglichkeiten ausspielen kann. Von beinahe klassisch über durchaus romantisch, von Bossa zu Blues. Und kein Pop, keine Ausrichtung an Trends, moderner Vokal Jazz. Sehr gelungen!
Das war’s mit Jazz für diese Woche. YUKSEK ist Franzose und mal kein DJ. Die Musik auf seinem 3. Album „Nous Horizon“ ist also nichtgeradlinig für den Club geschaffen, sondern bewegt sich eher in Richtung Daft Punk. Elektronik und programmierte Beats und Sounds ja, aber dazu gut ausgewählte Gäste an Instrumenten und Stimmen. Nicht ganz so raffiniert, wie die vorgenannten, dafür mit schönen Reminiszenzen an die Soul Musik der frühen 80er. Nicht unbedingt genial, aber sehr vielseitig und schwungvoll.
Nach ordentlicher Pause meldet sich eine der führenden Stimmen des britischen Soul auf der Bühne zurück. Sein ‚There’s nothing like this‘ war eine der Hymnen, die britischen Soul auf der Landkarte festschraubten. Nach 2 eher schwachen Alben ist er jetzt wieder voll da. Mit fester Band und ohne elektronische Programme. OMAR singt wie zu seinen besten Zeiten und die Band groovt, dass auch Gilles Peterson seine helle Freude daran haben wird. „Love in Beats“ ist der korrekt gewählte Titel.
Mal wieder Kanada. Aber anders! Kein Ableger von Americana, sondern viel eher orientiert an den Beatles (ja denen!). Erstklassige Songs, mehrstimmiger Gesang und ungekünstelte, klare Instrumentierung, die er, der sich ROYAL WOOD nennt, auch noch fast komplett selbst gespielt hat. 13 Songs enthält „Ghost Light“, in denen (zugegeben) auch mal sparsame Singer / Songwriter Stimmung aufkommt, mit Melodien, die schon beim ersten Mal vertraut klingen. Wunderbares Album!
Auch DESOTO CAUCUS, die Dänen, die auch schon mal Giant Sand sind, haben sich für ihr „4“. Album gesteigert. Auf den vielen Touren zwar ein Bandmitglied verloren, aber neuen Schwung gefunden. Das kann m/f getrost als Americana durchgehen lassen, Nähe zu den gerade genannten, etwas J.J. Cale in der schlanken musikalischen Ausstattung, etwas freaky in Richtung Calexico und dazu einen Portion gezieltere Rhythmusarbeit. Gelegentlich scheint sogar eine fast poppige Harmonie durch. Die werden zwar auch nicht jünger, aber frischer klangen sie auf der Platte davor sicher nicht!
Vorsicht, solche Vergleiche hinken immer, aber ich habe schon sehr lange keine CD mehr gehört, die mich so deutlich an die Pink Floyd Platten der mittleren 70er erinnert. Nicht einmal wegen der Instrumentierung oder Spielweise, sondern sie schaffen für mich genau diese Stimmung aus Wohlklang ohne Kitsch und ausgefallener Instrumentalarbeit ohne Profilneurose. CANCER, diesen negativ belegten Namen haben sich die beiden gegeben um diesem immer noch Unwort auch mal eine positive Bedeutung anzuhängen. Mit der sehr zurückhaltenden, aber strammen Rhythmusgruppe und dem je nach Thema gewählten Gesang finden sie auf „Totem“ die perfekte Balance zwischen ernstem Thema, komplexer Musik, Drama und Erlösung, zwischen Tiefgang und Konsumierbarkeit. Merken, so eine gab es lange Zeit nicht.
na dann... Tschüß!
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samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1