Ohrenschmauch
Von Günter, 31.05.2017
TAJ MAHAL & KEB MO/ VIRTUE RECORDING STUDIO/ COMO MAMAS/ TREVOR ANDERIES/ CHRISTOPHER PAUL STELLING/ CARL CRAIG/ PENGUIN CAFÉ ORCHESTRA
Für dieses exzellente Produkt reicht es, wenn es nur erwähnt wird: TAJ MAHAL und KEB MO, beide begründet mit zahlreicher ‚Fanbase‘, haben zusammen ein fett groovendes Blues-Album eingespielt. Heisst kurz und bündig „TajMo“ und ist zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Genuss.
Die beiden liefern, wenn m/f so will, die zeitgemässe Variante, auf dem Sampler „VIRTUE RECORDING STUDIO“, dem neuesten Raritäten-Findling aus dem Hause TRAMP RECORDS, findet sich das gleiche Feeling, lediglich ungefähr 50 Jahre früher auf Band fest gehalten. Rhythm and Blues mit starkem Soul und Funk Einschlag. Mal näher am Godfather, mal mehr Stax oder Atlantic Haus-Band. Mit und ohne Gesang, aber nie ohne Groove. 21 Tracks auf CD oder Doppel LP, trotz Alter und unabhängiger Produktion in mehr als akzeptablem Sound.
Mit den COMO MAMAS treibe ich die Sektion Blues und Soul auf die Spitze. „Move upstairs“, so heisst das Album der 3 stimmgewaltigen Damen in Begleitung der Daptone (Sharon Jones..) Studiomusiker, ist Gospel in Reinkultur. Keine Hochglanzpolierten Harlem Gospel Singers, keine fette Produktion, sondern wechselnde Vorsängerin und Background. Dazu spielt die Band sparsam und eher ‚rough‘ Rhythm and Blues. M/F muss kein Sonntags-Kirch-Gänger sein, um sich an so gelebter Überzeugung zu erfreuen.
Soweit die Abteilung ‚aus drei Harmonien kann m/f sehr wohl ein Leben gestalten‘, TREVOR ANDERIES bietet auf „Samsara“ modernen Jazz im Quartett mit Piano, Bass, Sax und Drums. Letztere bedient er selbst, bleibt aber trotz Leader 1 von 4, lässt den Kollegen genügend Raum zur Entfaltung. Piano und Sax harmonieren perfekt, die Rhythmusgruppe agiert dezent und besonders in den langsamen Titeln finden sich echt beseelte Tonfolgen.
Einen Zehnerpack Songs, das Resultat von Beobachtungen und Gesprächen während mehr als 200 Auftritten in anderthalb Jahren liefert CHRISTOPHER PAUL STELLING mit „Itinerant Areas“. Getragen von seiner dezenten Gitarren-Begleitung und sehr zurückhaltend arrangierter Band. Praktisch ‚Live‘ und ohne grosse Nachbearbeitung klingt dieses feine Singer/Songwriter Album durchweg melancholisch, jedoch keineswegs unglücklich. Wohl dem und der, die Freunde hat, wie er.
Sehr viel erdverbundener, ja handfest, kommt „Wade waist deep“ von THOMAS WYNN AND THE BELIEVERS daher. Thomas und seine Schwester singen, abwechselnd und auch zusammen und die Band spielt Rock (Rawk!), voll in der Südstaaten Tradition. Statt doppelläufiger Gitarren gibt es hier zwei Blues und Gospel getränkte Stimmen und den unverkennbaren schwer rollenden Southern-Rock-Groove. Diszipliniert druckvoll in den Balladen, laut und heftig in den ‚Rockern‘. Nicht ganz der ‚Free Bird‘, aber auch nicht nur ‚Sweet Home Alabama‘.
Hab‘ ich was verpasst? Muss jemandem was bewiesen werden, oder warum haben jetzt regelmässig DJs oder Produzenten elektronischer Musik einen solchen Hang zum Orchester? Neuester Zugang ist CARL CRAIG. Auf seinem „Versus“ helfen ihm Francesco Tristano und Moritz von Oswald, die richtigen Programmierungen zu finden. Das „Les Siecles Orchestra“ liefert Klangflächen und Einzeltöne, Carl & Co Zwischenspiele und Beats. Mir fehlt die Geduld, mir ein solches Werk zu erarbeiten, vielleicht ist auch mein Bewusstsein nicht erweitert genug... Am Ende ist es vermutlich Kunst, und die kommt auf dieser Seite eigentlich nicht vor.
Anders das PENGUIN CAFE ORCHESTRA, 8 Jahre nach dem Tod des Gründers lässt es der Sohn wieder aufleben. In der Tradition seines Vaters, aber mit geänderter Ausrichtung. Keine Electronics, weniger Jazz und Folk Anteile, dafür Handperkussion und Streicher-Arrangements. Nicht mehr vertrackt bis intellektuell wie früher, sondern mehr dazu geeignet, Menschen die vom balearischen Dance und Chill angezogen wurden, dort abzuholen. Klare, gerade, langsame Rhythmen, Melodien, die m/f nachvollziehen kann, weniger komplexe Strukturen. Dabei keineswegs simpel oder Flach. Nach wie vor sehr ambient, minimal und eher an klassischer Komposition orientiert. „The imperfect Sea“ ist mein empfohlenes chillout Programm für die heissen Tage, die jetzt kommen