Von Günter, 19.07.2017

GENZO OKABE/ MARIA KALANIEMI/ SAP BIG BAND/ STEREOFYSH/ DANNY & THE CHAMPIONS OF THE WORLD/ COLO FILM/ MICHAEL NAU/ NAUTILUS/ BLAY AMBOLLEY

Bestimmt in keiner Playlist, aber unbedingt hörenswert ist die erste (?) CD des japanischen Saxofonisten GENZO OKABE. Weitgehend notiert, jedoch mit langen Einzel- oder Kollektiv-Improvisation traut sich sein Quartett mit b, dr und Piano die durchaus gewagte Mischung aus japanischen Harmoniefolgen und westlicher Instrumentierung und Spielweise. Von balladesk bis impulsiv dynamisch bietet „Disoriental“ eine breite Palette seiner handwerklichen Möglichkeiten.

Während ihres langen Aufenthaltes in Karelien hat MARIA KALANIEMI mit ihrem Produzenten und musikalischen Helfer Eero Grundström ein wundervolles Album mit schwedisch-finnischen Balladen, etwas Tango und sphärischen Eigenkompositionen aufgenommen. Akkordeon plus Harmonium plus Stimme und etwas Gitarre, sparsamer geht kaum. Dazu ein 3 sprachiges Booklet mit beeindruckendem Fotoalbum, das die Inspiration für diese ungewöhnliche CD versucht in Bildern einzufangen.

Eine ganz feine, im besten Sinne konservative Big Band Swing CD legt die SAP BIG BAND ein Jahr nach ihrem 20. Geburtstag vor. Der Titel „And Friends“ bezieht sich auf die illustren Gäste mit Stimme und Instrument, die den durchweg gelungenen Arrangements mit ihrer ‚Front‘-Leistung noch eins oben drauf setzen. Pop-Klassiker wie Fever oder besonders, Feeling Good, neben Standards und sogar eine Nummer der Eagles. Das reisst keine Grenzen ein, aber mitwippen und swingen ist unvermeidlich.

Im dicken Booklet wird in „Sefarad“ die musikalische Geschichte der Juden in Spanien in englisch und spanisch erläutert, auf der CD hört m/f dazu MARA ARANDA überlieferte Lieder aus dem Mittelalter und den Jahrhunderten davor (soweit überliefert) zu sehr traditioneller Instrumentierung singen. Ist für mich Pop-Jünger gewöhnungsbedürftig, aber ich glaube darin schon die eine oder andere Wurzel des Flamenco mitklingen zu hören.

Stereofysh – ..glänzt schön silbern

STEREOFYSH haben ihren sympathischen Mix aus Popsong, elektronischen Zutaten und gelegentlichen Club-Beats für „Ohana“ noch einmal verfeinert. Die warme Stimme der Sängerin trägt, da müssen die Instrumente nichts verdecken, sondern können sich ganz und gar Song-dienlich einbringen. Etwas Neo-Swing, unauffällige Anleihen an 80er Funk und eine sehr zurückhaltende Produktion lassen diesen Stereofysh schön silbrig glänzen.


DANNY & THE CHAMPIONS OF THE WORLD sind eine englische Band. Das merkt m/f der CD “Brilliant Light” allerdings nicht an. Sie könnten gut die jüngeren Geschwister von Springsteen oder Petty sein. Rhythmisch so versiert, wie instrumental, Songs schreiben können sie auch, sind also einfach klasse. CD randvoll oder Doppel LP, ein ganzes Bündel feiner Tracks, und trotzdem wird sie vom plattenkaufenden (oder streamenden) Publikum vermutlich nicht wahrgenommen werden.

Bei den Australiern COLOR FILM schlägt die 80er Retro-Welle zu. „Living Arrangements bietet Stimmlage wie The Cure, Rhythmus wie bei Factory Records und die hektische Funkyness der frühen Duran.

Michael Nau – In Bester US Song Tradition

Dafür bietet MICHAEL NAU auf seinem „Some Twist“ feinstes Songwriting in der Tradition von Jackson Browne und Kollegen. Mit kleiner Band und grossen Harmonien, mit melancholischem Unterton, aber nie resigniert. Klingt, wie die US Westküste zu ihren besten Zeiten, aber in der Ausführung Natur-Stahl, nicht Chrom.


Monatelang nix, heute gleich 2 aus dem Hause agogo. Das Japanische Trio NAUTILUS plus singende Gäste spielt Rock-Jazz. Erinnerung an Weather Report und analoge Synthies, die keine Akkorde konnten. Gut ausgesuchte Tracks von G. Scott-Heron über Bob James, Donald Fagen zu Suzanne Vega. Gute Stimmen, feines Handwerk „Nautiloid Quest“ macht Spass.

lay Ambolley – Afrika-Karibischer Cocktail

BLAY AMBOLLEY bietet auf seinem „Ketan“ einen afrikanisch-karibischen Mix, wie er auch von Label Kollegen Mo Horizons kaum grooviger vorgelegt werden könnte. Zouk, Soca, Afro Beat und andere Rhythmen des schwarzen Kontinents, garniert mit eher Sprechgesang und Bläsern, nicht so offensiv wie Fela Kuti, nicht so traditionell wie zuletzt das Orchestra Baobab. Geht ab 25 Grad noch besser ab.


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