Ohrenschmauch
Von Günter, 20.09.2017
GÖTZ ALSMANN BAND/ TON STEINE SCHERBEN/ SOUL SESSION/ COUNTDOWN TO SOUL/ EILEN JEWELL/ CAREL KRAAYENHOF & JUAN PABLO DOBAL/ JENS DÜPPE
„Sag mir Quando, Quando, Quando…“ ich sage,: „Jetzt!“. Der dritte Ausflug der GÖTZ ALSMANN BAND in musikalisch bedeutsame Städte führt sie, nach Paris und New York, in die ‚ewige‘ Stadt. 16 italienische Schlagerperlen der 50er und 60er Jahre im erfolgsverwöhnten Arrangement unserer Lokalhelden. Vor Ort, also in Rom, aufgenommen, zum Teil mit aufgefrischten Übersetzungen, in Deutsch vorgetragen mit, ich glaube, der Maximalzahl an Instrumenten, die die 4 Herren bedienen können. Sentimental, romantisch, jedoch immer mit dem feinen jazzigen Swing, den diese Combo auszeichnet. Unter die italienischen Originale mischen sich noch 2 Importe, die urdeutschen Capri Fischer und aus den USA der Mambo Italiano, den unsere südlichen Nachbarn jedoch auch schon lange eingebürgert haben. Ansonsten keine Melodie, die nicht sofort mitgesummt werden kann, auch wenn Tempo oder Betonung vom Original durchaus abweichen. Ob m/f das mag oder nicht, wichtig und richtig ist, Götz macht sein Ding, und das verdammt gut!
Toller Versuch: TON STEIN SCHERBEN „In Dub“. Musik und Texte der frühen Agit-Rock Band funktionieren auch ohne krachende Rock-Gitarren. Mit nur minimal zusätzlichen Instrumenten-Spuren werden hier 9 Titel der Polit-Rocker in 13 Versionen mit fetten Bass Beats zu fast karibischen Groove-Wundern. Ein Dub-Kaleidoskop aus den Scherben des Westberliner Klassenkampfes (Zitat). Mit Sorgfalt angefertigt und grossem Respekt vor den Originalen, wie bei Echo Beach nicht anders zu erwarten.
Zugegeben, an das 2011er Album der SOUL SESSION erinnere ich mich gerade nicht. Vielleicht damals überhört, schade, denn das gerade erscheinende „Two“ ist ein Soul und Jazz orientiertes Downbeat Album erster Güte. Satte Grooves, angereichert mit unterschiedlichsten Instrumenten und verdedelt mit sehr gut ausgesuchten singenden Gästen (u.a. Omar, Tokunbo). Besonders hervorzuheben sind die 2 ‚Suiten‘ jeweils aus 3 Teilen bestehend, in denen das Anfangs-Thema diverse Variationen (Transformationen) durchläuft, der lässige Fluss der Musik jedoch nicht gebremst oder unterbrochen wird. Erinnert mich an Boozoo Bajou.
Neben den erstklassigen Sampler-Reihen ‚Movements‘, ‚Feeling Nice‘ und besonders ‚Praise Poems‘ startet das Tramp Team in diesen Tagen eine weitere: „COUNTDOWN TO SOUL“, einfach CD oder Doppel LP, und was soll ich sagen, die Herren übertreffen sich selbst. 17 Tracks, bis auf einen erstmals auf CD, aus der Abteilung ‚nie gehört, geht aber super ab‘ füllen Silberling oder Vinyl. Rare Grooves, im wahrsten Wortsinn, aus 60ies und 70ies, R’n’B, Soul, straighter Funk, flüssig hintereinander, fast eine Stunde verschollene Perlen am Stück. Wie wollen sie das für ein mögliches nächstes Volume toppen?
Sound Modern, Arrangements wie früher. Auf EILEN JEWELL’s neuem Album „Downhearted Blues“ finden sich 12 Klassiker aus dem Bluesfundus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Stilecht sparsam instrumentiert und mit Überzeugung vorgetragen. Keine Sorge, nur ein paar der 12 Songs sind auch hier wirklich bekannt.
Ähnlich altes Material, gemischt mit eigenen Kreationen präsentieren CAREL KRAAYENHOF & JUAN PABLO DOVAL auf ihrem „Hotel Victoria“. Tango mit Bandoneon und Klavier. Argentinische Klassiker, eigene Ideen in beinahe kammermusikalischem Dress für Menschen, die nicht immer einen geraden Beat brauchen und auch verspielt ausgearbeiteten Melodie-Linien folgen können.
Für seine „Dancing Beauty“ hat Drummer JENS DÜPPE 9 Statements des Jahrhundertkomponisten John Cage zugrunde gelegt und mit seinen 3 Mitstreitern (F. Köster, C. Ramond und L. Duppler) aus diesem Ansatz ganz eigenwillige, durchaus komplexe, sehr unterschiedliche Klangwelten entwickelt. Von melodisch/rhythmisch klar strukturiert bis abstrakt und experimentell. Schön ist nicht die Vorgabe, schön ist das Ergebnis.