Von Günter, 28.03.2018

JOAN BAEZ/ KIM RICHEY/ NICK WOODLAND/ 3MA/ 47SOUL/ HECTOR GUERRA

Ein Glückwunsch vorweg. JOAN BAEZ, die ‚Mutter‘ aller Folk-Sängerinnen platziert sich mit ihrem vermutlich letzten Album „Whistle down the Wind“ unter den Top Ten der bestverkauften Platten der Woche. Mit 77 Jahren. Da hat Udo noch was vor sich..

Sehr direkt, sehr persönlich und musikalisch vielseitig kommt die neue CD von KIM RICHEY herüber. Mit grosser und namhafter Unterstützung besonders der Nashville Szene pendeln ihre Lieder zwischen leicht sentimental, geradlinigem Americana und traditionellem Country. Mit ihrer klaren, kräftigen Alt-Stimme dirigiert sie die Stimmungen, die Band setzt sie entspannt um, die Produktion mit analogem Instrumentarium rundet das Ganze ab. Und am Ende von „Edgeland“ ein Duett mit Chuck Norris, dass mich stark an die Everlys erinnert. Amerikanisch ja, aber nicht rückwärts.

Phänomen des Südens

Genauso erkennbar in musikalischen Traditionen bewegt sich NICK WOODLAND. Im Süden unseres Landes deutlich populärer, als im Rest. Gitarrist auf den Spuren der grossen Amerikaner J.J. Cale, Tom Petty usw. Von den 13 Tracks auf „Play it all Night Long“ hat er 7 selbst erfunden, neben Adaptionen von Songs von den Beatles über Hendrix zu Warren Zevon. Zwischendurch gibt’s ein Volkslied von Fritz Kreisler auf der Mandoline und sogar einen Rag von Scott Joplin. Musikalisch bewandert, der Mann, und handwerklich ebenso. Wenn es Saiten hat, spiele ich es: Gitarre, Mandoline, Ukulele Hawaii-Gitarre oder elektrische Sitar. Nein, er erfindet den Rock nicht neu, mit gut trainierter Band und einigen Gästen liefert er ein absolut rundes, abwechslungsreiches neues Werk ab.


….Apfel….Stamm…!

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm…So ist es kein Wunder, dass DEVA MAHAL ebenfalls in der Musik ein Zuhause findet. Den Blues hat sie, wie ihr Vater Taj, doch sie experimentiert und variiert ihn nicht, sondern nimmt ihn als ihre Gefühls-Basis. Stattdessen singt sie Soul, in der Tradition der grossen ‚alten‘ Damen und Herren zu einem Background aus Pop, Soul und manchmal sogar etwas Rock. Ihre Gospel geschulte Stimme bildet den Kern, um den sie die Musik in unterschiedlichen Arrangements strickt. Mal mit wenigen Instrumenten oder Hintergrund-Chor, mit Unterstützung von Schwester Coco Peila oder Allen Stone. Nix R’n’B, sondern Deep Soul, wie es der Titel „Run deep“ vorgibt.


Kunst und Kultur: 3 Afrikaner, BALLAKE SISSOKO (Kora), DRISS EL MALOUMI (Oud) und RAJERY (Valiha) addieren ihre Fähigkeiten zu 3MA. Und nehmen uns mit auf eine grossartige Reise durch den Kontinent vom Norden bis nach Madagaskar auf diversen Saiten. Wundervolle Melodien, verschachtelte Rhythmik und erlesenes Handwerk machen den 10 teiligen Ausflug „Anarouz“ zu einem äusserst kurzweiligen Trip, der mich bisweilen an ‚Friday Night in San Francisco‘ erinnert.

Etwas wüster wird es jetzt mit den Nordafrikanern von 47SOUL. Sie versetzen traditionelle arabische Melodien mit knackigen Hip Hop und Dubstep Beats und allerlei elektronischen Sounds. Dazu politische Texte (soweit zu verstehen, nicht alle Songs sind in Englisch gesungen) und ein untrügliches Gefühl für Rhythmen, die die Füsse nicht ruhig stehen lassen. Die Mischung von traditionell arabischem Instrumentarium und europäischen Rock/Elektronik-Sounds auf „Balfron Promise“ versprühen einen ganz besonderen Reiz.

Cumbia meets Hip Hop

Und noch einer, der den Sound seiner Heimat nicht aussen vor lassen kann, wenn er an Knöpfen oder Spulen dreht. HECTOR GUERRA starte sein „Desde el Infierno“ mit einer musikalischen Meditation und anschliessender freundlicher Ansprache. Zur Einstimmung. Danach geht es sofort zur Sache. Der unwiderstehliche Cumbia-Rhythmus inklusive Akkordeon bildet die Grundlage, programmierte Beats, Sampling, elektronische Sounds und diverse Gaststimmen bringen die Mischung auf internationalen Standard. Das ist zugegeben etwas gewöhnungsbedürftig, erschliesst sich allerdings sehr schnell und würde diversen spanisch angehauchten Locations dieser Stadt als Beschallung sehr gut zu Gesicht stehen.


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