Von Günter, 25.04.2018

ROBIN McKELLE/ PORT CITIES/ PATRICK RUFFINO/ BARBARA DANE/ THIEVERY CORPORATION

Nach der Aufregung um die ECHO-Verleihung bleibt festzustellen, den Damen und Herren der Jury geht es offensichtlich nur um das Event und dessen kommerzielle Ausschlachtung. Vor lauter Organisation hatten sie scheinbar weder Lust noch Interesse sich mit Inhalten auseinanderzusetzen. Zeit genug wäre gewesen.

Unter eigener Regie

Ganz anders in diesem Fall. Wer eine solche Platte abliefert weiss, dass er, hier sie, nur eine Minderheit erreichen wird. Aber die hört genau hin. Seit ca. 15 Jahren veröffentlicht ROBIN McKELLE Musik auf Tonträgern. Oft von Produzenten oder Managern in Richtung ‚momentaner Trend‘ bugsiert, trotzdem immer hervorragend gesungen. Bei ihrem aktuellen Werk „Melodic Canvas“ hat sie die Zügel selbst in die Hand genommen. Von kleiner Besetzung getragen und umspielt geht es in 10, für das Format-Radio zu langen, Titeln um ihre Sicht auf die Welt und ihre Beziehungen. In der Stimmung jazziger Blues mit Gospel-Einschlag. 6 der Titel stammen aus ihrer Feder, 3 sind Fremdwerke und eines ein Traditional. Rhythmisch und musikalisch versiert, fein austariert zwischen Spannung und Loslassen.


Gelungener Zusammenschluss

Gleich auch noch eine rundherum gelungene Platte mit Songwriting geschulter Pop-Musik hinterher. PORT CITIES aus Kanada bündeln ihre Kompetenzen aus 3 gut laufenden Karrieren und liefern ganz geradlinig Handgemachtes. Klare, sparsame Produktion, Songs mit hohem Wiedererkennungswert, sinnvollen Texten und nicht zu eingängigen Harmonien. Wechselnder Gesang zwischen Sänger und Sängerin, gelegentlich auch gemeinsam, sogar mal ein Chorus ohne Gesang und gar keine instrumentalen Profilneurosen. Wer ‚Rumours‘ liebt, sollte sich „Port Cities“ anhören.


Dritter Titel, drittes Genre. PATRICK RUFFINO’s „Agoo“ ist eine bunte Mischung westafrikanische Stile und europäischer Instrumenten-Ausstattung. Als vielseitiger Sänger und Bass-Spieler setzt er Stimmung und Groove, von frühem Afro Beat zu Highlife und kongolesischem Soukous, mit einer spur Old School Funk und meist heimatlichen Themen. Obwohl ich die Texte nicht verstehe, stimmen mich Musik und Vortrag unbedingt positiv. Und tolle Balladen kann er auch!

Zum 90. Geburtstag von BARBARA DANE machen ihr die Damen und Herren von Smithsonian Folkways ein ganz besonderes Geschenk. „Hot Jazz, Cool Blues & Hard-Hitting Songs“ nennen sie die fast 40 Titel starke Doppel CD mit einem ausführlichen Querschnitt durch ihr musikalisches Leben. Zeitlebens war sie eine Sängerin für die Menschen (nicht für die Plattenfirmen..), sang auf Demos, politischen Veranstaltungen, mit populären Musikern der Folk-und Jazz-Szene, immer mit dem selbstgewählten Auftrag, auf schlechte Lebensbedingungen, Ungleich-Behandlung oder falsche Politik aufmerksam zu machen. Protest-Sängerin durch und durch, finden sich auf dieser Doppel CD, neben dem wie immer ausführlichen Booklet, überwiegend Titel aus der US-Bürgerrechtsbewegung, gesungen mit dem Timing des Jazz, dem tiefen Gefühl für den Blues und der Authentizität einer Folksängerin. Ob allein zu Gitarre oder Klavier oder in kleinen oder grossen Besetzungen.

Jetzt auch mit Ohrwurm!

Über ein Wiederhören mit alten Bekannten freue ich mich eigentlich immer. Erst recht, wenn das Ergebnis trotz aller Routine so spannend und vielseitig ist, wie auf „Treasures from the Temple“, dem neuen Werk der THIEVERY CORPORATION. Wer irgendeines der mittlerweile vielen Alben dieser amerikanischen Downbeat-Ableger mag, deren Dub-lastigen Sound, wird hier seine helle Freude haben. Zu alledem wird gerade ein Teil deren Kataloges auf Vinyl neu aufgelegt. Gute Gelegenheit für Spät-Geborene!


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Günter Günter

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