Ohrenschmauch
Von Günter, 11.07.2018
TXARANGA/ JAKE MASON TRIO/ JILL BARBER/ MILK CARTON KIDS/ SMOOVE & TURRELL/ DISQUES DEBS INTERNATIONAL Vol. 1
Nach dem 2. Track habe ich erst einmal das klein bedruckte schöne Cover und das fette Booklet durchstöbert, auf den Verdacht hin, hier könnte unser Dr. Ring Ding seine Finger im Spiel haben. Hat er nicht, aber zu dem Mix, das TXARANGA auf ihrem „El Cor de la Terra“ präsentieren, hätte er gut gepasst. Offbeat Rhythmen, Ska geschulte Bläser, ein wenig spanische Tradition und Pop, Hilfe aus Südafrika und von namhaften Kollegen, wie Mano Chao oder Jarabe de Palo und dazu positive, lebensbejahende Texte. Die neun Mann hohe Truppe perfekt ausgewogen auf CD gebannt, bei aller angewandten Perfektion aber die Lebendigkeit nicht gebremst. Auf Tonträger schon klasse, auf dem Festival der sichere Abräumer.
Mit dem JAKE MASON TRIO wird’s etwas ruhiger. Diese 3 Herren, so wie sie klingen, sind schon länger im Geschäft. Mit ihrem Hammond Orgel dominierten Sound drehen sie eine geschmackvolle Runde durch die letzten 50 Jahre Pop, Jazz und Filmmusik. Alles selbst erfunden, entspannt und handwerklich gekonnt erinnert „The Stranger in the Mirror“ gelegentlich an fette Blue Note Grooves, Nachtclub Szenen aus Gangster Filmen oder Instrumental-Hits der frühen 70er. Zusatz Info: Jake Mason arbeitet ebenfalls bei Cookin‘ on 3 Burners, die auf dieser Seite auch schon mehrfach stattgefunden haben.
So offensiv und druckvoll, wie auf „Metaphora“ habe ich JILL BARBER bisher nicht gekannt. Sie hat viel zu erzählen, einen Songwriting Partner, der das in nachvollziehbare Strukturen packen kann und ein gut eingespieltes Produzenten / Musiker Team. Dabei springen mit ‚The Woman‘ und ‚Girl’s gotta do‘ sogar 2 im Prinzip sehr Radio-taugliche Titel ins Ohr. Das hier ist also nahe an Pop, aber ganz gleich, was sie singt, ob folkig, jazzy oder Soul, ihre Stimme und ihre Art zu singen sind es, die den Unterschied machen.
Stimmen machen auch hier den Unterschied. Die MILK CARTON KIDS legen mit „All the Things….“ ihr 4 Werk vor. Musikalisch und Sound-mässig breiter aufgestellt, als der (die!) Vorgänger, aber immer noch sehr detailverliebt und viel in 2 Stimmen vorgetragen. Themen, die alle selbst denkenden (amerikanischen) Menschen bewegen, aus dem Leben 2er älter werdender Musiker, ernst, jedoch nicht humorlos und immer wieder diese etwas spröden, schönen Melodien. Simon und Garfunkel für das 3. Jahrtausend?
Eine neue CD von SMOOVE & TURRELL ist immer ein grosser Spass. Die ‚Speerspitze des britischen Soul‘ umschifft auch mit Album Nummer 5, genannt „Mount Pleasant“, geschickt alle Fallstricke. Kein technisierter R’n’B, auch wenn Smoove ein geschickter Soundbastler ist. Dazu konventionelles Instrumentarium, Turrells Stimme, die von Gästin Izo Fitzroy und auch hier Texte und Geschichten aus dem eigenen Erfahrungs-Spektrum, einer Realität, die mit Hochglanz nicht viel zu tun hat und grosse Kenntnis von und Liebe zu ‚klassischem‘ Soul und Funk. Und m/f kann dazu sogar tanzen!
Eine für die Minderheit in der Minderheit: „DISQUES DEBS INTERNATIONAL Vol. 1“, Untertitel ‚An Island Story‘, denn es geht um Musik der Karibik-Insel Guadeloupe. Auf diesem 1 Teil der auf 3 Volumes angelegten Reihe geht es um die Produktionen der ersten etwa 10 Jahre des einheimischen Labels DEBS. Praktisch die unterschiedlichen Wurzeln, die zu dem, was wir heute als ‚Zouk‘ vermarktet bekommen. Unterschiedliche Stile Biguine, Bolero, dargeboten von Klein-Combos bis zu Big Bands. 21 meist kurze Tracks, klanglich sehr ordentlich restauriert, von den Damen und Herren des STRUT Labels mit sicherem Geschmack ausgesucht mit viel Information, sowohl bei LP als auch bei der CD vermeintlichen HörerInnen nahe gebracht.