Von Günter, 01.09.2021

BILL & THE BELLES/ COLOGNE/ WEB WEB/ BOBBY RAUSCH/ LULA WILES/ KENNY GARRETT

Thank God it’s Donnerstag! Da darf ich wieder frisch gehörte Musik ‚unters Volk‘ bringen.

„Happy again“ sagen auch BILL & THE BELLES mit ihrer CD, auch wenn die Songs inhaltlich nicht unbedingt damit übereinstimmen. Retro-geschwängert von Western Swing bis Girlgroup-Arrangements hangeln sie sich durch die 50er und 60er, instrumental sehr gekonnt und Harmonie-Gesang mässig hervorragend. Kurzweilig und amüsant.

Cologne – Spannende Instrumental-Musik

Weiter geht es mit einer wunderbar entspannten instrumental-Platte. Gitarrist Lars Cölln bringt als COLOGNE mit „Episode 1: Elevating Music“ Entspannung und Emotionalität in 12 nicht zu langen Kompositionen auf den Punkt. Die Saiteninstrumente spielt er selbst, elektrische und akustische, ausser Kontra-Bass und Cello, für Keyboards und Bläser bringt er Gäste und Freunde aus seiner langen Karriere mit ins Boot. Er beherrscht die Fähigkeit, ohne ausufernde Solostrecken, seine Musik auch ohne Gesang allein durch gekonnte Harmonie-Verläufe und einprägsame Melodien spannend zu gestalten. Nur digital, physisch bei CD@larscoelln, nicht in Läden.


Web Web – Spiritual Jazz from Germany

Auch auf ihrem vierten Album bleiben WEB WEB nahe an den Ideen und Klängen ihrer Vorbilder aus den ausklingenden 60ern. Auf „Web Max“ ist Max Herre als Produzent und Musiker mit von der Partie, neben wirklichen Big Names aus der Hochzeit des Spiritual Jazz, wie Charles Tolliver oder Mulatu Astatke. Grossartiges Handwerk, intuitives Zusammenspiel und eine breite Palette an klanglichen und rhythmischen Einflüssen verbindet dieses Projekt zu seinem absolut zeitlosen Sound, der ob seiner melodiösen bis erhabenen Ausführung selbst nicht unbedingt Jazz-affine HörerInnen faszinieren dürfte.


Kurz und knackig, nach gut 20 Minuten ist „Hidden“ schon vorbei. Was druckvoll und wohlüberlegt daherkommt erinnert mich bisweilen an heftigere Klänge von Massive Attack, was mit der Besetzung aus Bass-Klarinette, Bariton-Saxofon und Drums eher überrascht. Effekt-Geräte und die unkonventionelle Herangehensweise erweitern den Sound des Trios, verdeutlichen Stimmungen, halten sich in lyrischen Passagen zurück um im nächsten Moment mit Verve wieder aufzutauchen. BOBBY RAUSCH nennen sie sich und wollen in keiner Schublade stecken. Jazz ist die Einstellung zum Leben!

„Shame and Seduction“ ist nicht nur der Titel, um die Bedeutung dieser Worte kreist das gesamte Album von LULA WILES . Diese 3 Frauen erschaffen die Songs und spielen die Instrumente, bis auf Drums und Tasten. Sozial engagierte, politische Songs, klar strukturiert, ohne Pathos oder Produktions-Tricks geradlinig umgesetzt und überzeugend vorgetragen. Ob akustisch mit gut trainiertem Harmonie-Gesang oder elektrisch mit mehr Geräusch, die Form transportiert den Inhalt. Ich stelle diese drei in die Ahnenfolge von Annette Peacock und Patti Smith.

Kenny Garrett – Famose Verbeugung

Web Max war der hervorragende Auftakt, jetzt folgt die Krone. „Sounds from our Ancestors“ von KENNY GARRETT ist exakt, was der Titel vorgibt. In wechselnden Besetzungen bei gleichbleibender Rhythmusgruppe zitiert er seine Vorbilder, zelebriert den von ihnen vorgelebten Sound in seiner ganz individuellen Version. Fliessende, perkussive Rhythmen, klare Harmonien unter und neben seinem auch bei langen Ausflügen immer mild und warmem Ton lassen vergessen, dass es sich (Achtung: Schublade!) um Jazz handelt. Musik, die immer da war, nie erfunden werden musste und auch wohl nie verloren gehen wird. ‚The Spirit is in the Sound‘ ist die Überschrift der 2-seitigen Erläuterung von A. Scott Galloway zu dieser famosen Platte. Dem habe ich nichts hinzu zu fügen.


Archivtexte Ohrenschmauch

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