Ohrenschmauch
Von Günter, 27.07.2022
TONY JOE WHITE/ BEABADOOBEE/ MARC DeCLIVE-LOWE/ SYNESTHETIC4/ DAMIEN JURADO/ JASMYN/ SIMON GOFF & KATIE MELUA/ BIRGITTA FLICK QUARTETT/ DELICATE STEVE
„In the Beginning“ ist doch ein guter Anfang. Bezieht sich hier aber auf den allerersten Gehversuch im Studio von TONY JOE WHITE. Neu aufgelegt, tontechnisch restauriert, Tony wie m/f ihn kennt, Songs, Blues, Swamp, alles schon da, nur keine Band.
Ist gar nicht meins, finde es aber charming. BEABADOOBEE nennt sich die Musikerin. Ihr Album „Beatopia“ erinnert mich an die DIY Phase der frühen 80er, in der aufkommende Talente sich in diversen Stilen und Klängen austobten und für frischen Wind sorgten.
„Freedom - The Music of Pharoah Sanders“ ist das aktuelle Tonträger-Projekt von MARC DeCLIVE-LOWE. Mit gut ausgewählten Helfern interpretiert er die ‚Klassiker‘ des Spiritual Jazz Pioniers neu. Diszipliniert, respektvoll, mit viel Liebe zum Detail.
Liebe zum Detail passt auch gut zu „Ah Wow Ha“, dem 2. Werk der SYNESTHETIC4. Mit Gitarre, Bass, Drums und Klarinette eher ungewöhnlich besetzt, finden sie ihren Weg durch den sehr eigenen rhythmischen Dschungel, ergänzen Klarinetten-Linien mit verzerrten Gitarren, lassen gerade Beats nur für Momente auftauchen und verwenden laut und leise als kreative Elemente. Die Tracks sind kurz und knackig, die musikalischen Themen und Grooves maximal vielseitig.
Ein ganz entspanntes Songwriter Album mit extra kleinem Besteck ist die Nr. 18 (Respekt!) von DAMIEN JURADO. „Reggae Film Star“ enthält 12 neue Variationen seiner leicht mystisch und vielfältigen Klangtexturen. Jetzt auch auf LP.
JASMYN war bis 2020 Frontfrau und Songschreiberin der Kritiker-Lieblinge „Weaves“. „In the Wild“ ist das Resultat ihrer Flucht aus der Stadt in die ruhigere Gangart des Landlebens. Konventionelle Instrumente, programmierte Sounds, ihre dominante Stimme, meist mässiges Tempo, dafür vielseitig ausgestaltete Songs kennzeichnen die momentane Lebensphase.
Eine spannende musikalische Erkundungstour machen SIMON GOFF & KATIE MELUA auf ihrem „Aerial Objects“. Die experimentellen Klang-Ideen des Violinisten und Komponisten Simon kanalisiert Katie mit ihrer unverwechselbaren Stimme zu ruhig fliessenden, stimmigen Songs, die sowohl von seiner klassischen Ausbildung als auch von Motiven ihrer Abstammung gekennzeichnet sind. Vergleichbar mit den frühen Werken von Enya, allerdings ohne den unbedingten Drang zum Schönklang.
Ich liebe es, wenn drin ist was draufsteht. „Miniatures and Fragments“, der Titel der neuen, 4. CD des BIRGITTA FLICK QUARTETTs beschreibt den Inhalt ziemlich exakt. Kleine Melodien, dezente rhythmische Strukturen und das feinfühlige Zusammenspiel, in 10 Jahren Bandgeschichte entwickelt, lassen diese 11 neuen Stücke der Saxofonistin, zusammen mit Bass, Drums und Piano, nie nach Free Jazz klingen, obwohl sie genau das sind. Kompliment!
Zum Schluss noch was ganz Schönes. Die anderen 4 kenne ich nicht, aber Album Nr. 5 von DELICATE STEVE „After Hours“ war (ist) meine Platte zur Hitze. Elektrische Gitarre mit sparsamer Begleitung, ohne Gesang. 10 warme, einladende, sofort zugängliche Songs. Seine Fender ist die Stimme, melodisch wie Slowhand, ausgeklügelt wie Mark und eingängige Themen und Melodien wie seinerzeit Peter Green (remember Albatross?). Instrumentale Tracks mit Charakter und hohem Wiedererkennungswert.