Von Günter, 14.09.2022

THEE SACRED SOULS/ FAVO 3/ PEPPE AIELLO/ YELLOWJACKETS/ ENRICO PIERANUNZI & JASPER SOMSEN/ TRYON

Thee Sacred Souls – Soul Tradition in modern

Geschmackvoll, stilsicher arrangiert und intoniert, dabei ganz weit nach hinten zurückgreifend in die Soul Kiste klingt das Debut der THEE SACRED SOULS. Der Leadsänger orientiert sich an Smokey, Marvin und die grosse Motown Zeit in fast ausschliesslich Love- oder Beziehungs-Songs. Mit sparsamst möglicher Begleitung, die auch Streicher, Bläser oder Hammond beinhalten kann, fliessen die 12 vom Daptone Mitbegründer Gabe Roth produzierten Songs in maximal Midtempo wunderbar ausgewogen dahin und das Ende kommt viel früh.

Favo 3 – Kammermusik-Soul

Da macht allein die ungewöhnliche Besetzung schon neugierig. FAVO 3 musizieren mit Bass-Klarinette, Saxofon und Stimme. Warme, freundliche Melodien im Dreiklang, feinsinnige Zwiegespräche zwischen den Instrumenten und ein Sänger, der jede Soul-Combo stolz machen würde. Für diese drei gibt’s keine Schublade, im Jazz geschulte Bläser, die auch mal nach Kammermusik klingen und dabei die Stimme sowohl rhythmisch unterstützen als auch mit kleinen Figuren umgarnen. Die Titelauswahl ist genauso bunt wie ihr musikalischer Kosmos und reicht neben eigenen Kreationen von Lennon über Jarrett zu Frau McVie und Abdullah Ibrahim. Für alle, die mal was ‚ganz anderes‘ hören möchten.

Pauschal ist immer daneben, aber die ItalienerInnen lieben ‚ihr‘ Mittelmeer sicher mehr, als wir unsere Ostsee. So auch PEPPE AIELLO an Kontrabass, Gitarre und Bouzouki und Zaira Magurano mit gut trainierter Stimme. Mit Hilfe weniger Gäste an Perkussions Instrumenten aus dem Raum um das Mare Nostrum schreibt er bittersüsse Geschichten, die durchaus auch spanischer Herkunft sein könnten. „Na stanza chiena ’e ’ncienzo“ konnte so nur in Italien entstehen.

Über die YELLOWJACKETS muss ich bestenfalls dem Nachwuchs etwas erzählen. Seit 40 Jahren im Geschäft, Pianist und Saxofonist von Anfang an dabei, Drums und Bass immer mal wieder neu besetzt und auf dem aktuellen „Parallel Motion“ für 1 Titel Sängerin Jean Baylor mit an Bord. Raffiniert gesetzter Fusion-Jazz, der immer in der wohlfühl Zone bleibt und neben den handwerklichen und kompositorischen Qualitäten der Beteiligten von Beginn an ein gewichtiges Augenmerk (Ohren-?) auf den perfekten Klang legte. Schon erstaunlich, wie dieser Vierer auch nach so langer Zeit immer noch frisch und neugierig musiziert und klingt. Leider nur als CD.

Voyage in Time“ ist der richtungsweisende Titel der neuen CD von ENRICO PIERANUNZI & JASPER SOMSEN. Denn als improvisierende Jazzer starten sie eine Anlehnung an die für die Barockzeit typischen Tanzsuiten. In dieser Suite in 9 Sätzen, die auch mit den barocken Bezeichnungen betitelt sind, verbinden die zwei die klassischen Kompositionsformen mit ihrem frei gestalteten improvisatorischen Ansatz. So gleiten die Titel praktisch nahtlos vom ‚alten‘ Tanzrhythmus in die fliegende, spontane Ausdeutung und zurück.

Tryon– Zappa? Crimson? Stark!

Zum Finale die Herausforderung der Woche. Wer ein Faible hat für die komplexen Konstruktionen des King Crimson, oder die kurzen, schnellen Fragmente des Herrn Zappa liebt, kommt an TRYON nicht vorbei. Mit Bläsern plus Sängerin und Sänger dazu Gitarre, Bass, Drums, Keys und Marimba lässt Bassspieler und Komponist Kellen Mills seine Hunde von der Kette. Er bezieht seine Inspiration sowohl aus der zeitgenössischen Klassik (Ligeti, Bartok..) als auch aus dem Jazz. In den straff durchkomponierten 10 Titeln auf „Läuterung“ gibt’s für immer wieder Raum für solistische Ausflüge. Ja, nur Zappa spielt Gitarre wie Zappa, aber Ruben Bernges muss sich auch nicht verstecken!

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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