Von Günter, 07.12.2022

TURI AGOSTINO/ MOUNT KIMBIE/ CASE KÄMÄRÄINEN/ SUNDA ARC/ SANDOW/ JULIE CAMPICHE QUARTET/ MATA ATLANTICA

Vorweg mal dies: Ich sortiere die hier erwähnten Titel nicht nach ‚passt gut bei‘. Ich nehme sie etwa in der Reihenfolge der Veröffentlichung. Hier 2 Kandidaten vom Anfang des vergangenen Monats.

Der Australier TURI AGOSTINO spielt auf seinem „Self Portraits“ kleine, melancholische Piano-Melodien, die er mit elektronischen Klängen untermalt. Sehr minimal und überhaupt nicht abstrakt. Gibt es nur digital.

Das Duo MOUNT KIMBIE veröffentlicht bereits seit 2010 (ca) Musik auf Tonträgern. Mit dem neuen Werk „Die Cuts“ verändern seine Pfade die Richtung. Weiterhin sparsam mit Beats und Electronics versieht es viele der neuen Tracks mit durchaus namhaften VokalistInnen. Bleibt dabei jedoch sehr weit vom üblichen ‚tricky Beats mit Kinderlied-Melodien-Gesang entfernt‘. Ernsthaft und dem Experiment zugeneigt jedoch nie sperrig oder strapaziös.

Aus 2 polnischen und 2 finnischen Musikern besteht das Quartett CASE KÄMÄRÄINEN. Mit Sax, Piano, Drums und Bass erzeugen sie Melodien, die zwischen nordischer Mystik und freier Improvisation pendeln. Meist im mittleren Tempo, von dem auch expressive Sax-Solos auf dem Boden gehalten werden und der Weg zu balladesken, vom Piano geführten Tracks, nicht weit ist. Der Titel „Mystique from the North“ ist absolut nicht geschwindelt.

Sunda Arc – Aus 3 mach 2

Weniger kann auch mehr sein sagen sich Jordan und Nick Smart, 2 Drittel der Minimalisten Mammal Hands. Als SUNDA ARC firmieren sie für „Night Lands“, das bei dem (nicht nur) Spiritual Jazz Label Gondwana erscheint. Sax, diverse Blasinstrumente, Synthi, Drums, Piano, Gitarre bedienen sie selbst, als Gast gibt’s auf 3 Titeln Cello oder Bass. Von warmen, melodischen Texturen zu sphärischen Klängen zu unerwarteten rhythmischen Mustern entwickelt sich die Musik. Immer mit etwas geheimnisvoll klingendem Hintergrund und keineswegs per Zufall dazu geraten. Dieser fliegende Wechsel zwischen ‚spacigen‘ Sounds und kräftigen, erdigen Beats hält die CD bis zum Ende spannend.

Sandow – Ost-Rock Legende

SANDOW, legendäre DDR (Post-)Punk Combo feiert mit „Kinder des Verbrechens“ das 40. Jubiläum der Bandgründung. 17 Titel aus dem gesammelten Schaffen neu eingespielt, mit dem Druck, Sound und handwerklichen Können des Jetzt bieten fast 90 Minuten harten Rock. Nichts anderes erwartet m/f von einer Combo, die einst Rammstein als Opener dabei hatten.

Feinstens ausgearbeitete Arrangements mit reichlich Raum für improvisierende Solisten bietet „You matter“. Angeführt wird das JULIE CAMPICHE QUARTET von der namensgebenden Harfenistin. Sax, Bass und Drums umspielen und unterstützen, die Harfe wird fast wie ein Piano eingeflochten und deren zerbrechlicher Klang bildet den spannenden Widerpart zu den Beiträgen der Kollegen. Kein Titel unter 6 Min. zeigt schon an, dass Entwicklung Teil der Vorstellung ist, deshalb von ungestümen Intros nicht schrecken lassen!

Mata Atlantica – Schönheit der Woche

Mein Favorit der Woche, für den ich gern die ganze Seite verwendet hätte: Das Projekt nennt sich MATA ATLANTICA, nach dem fast komplett vernichteten Regenwaldgebiet im Nordosten Brasiliens. Mit 9 InstrumentalistInnen und 6 Stimmen plus Field-Recordings (Natur-Aufnahmen) versucht das Ensemble mit seiner Vielstimmigkeit einen Eindruck von der Vielfalt der Spezies dieser Region wiederzugeben. Afrikanische und brasilianische Rhythmen bilden die Grundlage für gelungenen Gesang, melodische Instrumental-Passagen und ambiente Klänge. Extra lange Tracks, sich aus dem Nichts entwickelnde Grooves und Jazz affiner Ausdruck der Instrumente erinnern mich (Nachteil der frühen Geburt..) an die besten Momente von Santanas ‚Caravanserai‘ oder das erste Album von Return to Forever. „Retiro e Ritmo“ ist meine Schönheit der Woche!

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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