Von Günter, 04.01.2012

CHUCK BERRY/ CHRIS ISAAK/ J.C. BROOKS & THE UPTOWN SOUND/ NATASA MIRKOVIC & NENAD VASILIC/ SLOW ELECTRIC/ SONIC ADVENTURE PROJECT

Am vergangenen Samstag (31.) war zumindest laut Plan die letzte Chance die kleine Musikapotheke in der Breiten Gasse 1 zu inspizieren und den größten Teil der im Lauf der Zeit in dieser Rubrik gelobten Musik auf CDs einmal von ganz nah zu betrachten. Ob und wie es vielleicht weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Alles ändert sich, früher wurde Weihnachten einfach nur gefeiert, heute wird entschieden. Versuchte m/f sich früher durch zukunftsorientierte Lebensweise und respektvollen Umgang mit der Schöpfung zu profilieren, macht m/f das heute mit einem Riesen-Bildschirm.

Ohne Duckwalk wird das nichts!

Zurück auf Anfang! CHUCK BERRY; einer der vielen Schuldigen an dem Sound, der die junge Welt in kurzer Zeit auf den Kopf stellte. Vermutlich gibt es endlos viele CD Veröffentlichungen mit Auszügen seines umfangreichen Schaffens. Aber wer könnte es wagen eine wirklich exzellente Werkschau seiner ersten 10 Jahre im Business (1955-65) zusammen zu stellen? Mit opulentem Booklet, Remastered, aber nicht Remixed, einfach so, wie sie waren, randvoll (32 Tracks)? Natürlich BEAR FAMILY, die Marke die definitiv nicht „in it only for the Money“ ist. Was kann ich mehr sagen? „Rocks“ enthält Roots Rhythm’n’Blues, den im Nachhinein alle Rock’n’Roll nannten. Selbst nach 50 Jahren frisch, wie eh und je.


Ambient/chill geht auch ohne langweilig!

Das war alt und Original. Jetzt kommt alt, aber neu eingespielt. CHRIS ISAAK bietet auf seiner aktuellen CD „Beyond the Sun seine Lieblingstracks aus den Produktionen der SUN STUDIOS. Jener Marke, die JOHNNY CASH, ELVIS P. oder auch JERRY LEE LEWIS der Welt nicht vorenthielt. Und kennt jemand einen anderen lebenden Sänger, der samt passender Band in der Lage wäre, diese Musik nicht nur authentisch neu aufzunehmen, sondern diese auch zu leben? Großer Sport, total relaxt! Für Fans auch als Doppel mit noch mehr Tracks!


Memphis Soul meets NY City

Und jetzt: Neu, klingt aber wie könnte gut auch schon alt sein. J.C. BROOKS & THE UPTOWN SOUND feuern auf „Want more” eine volle Breitseite Memphis Rhythm and Blues ab. Mit Minimal-Mannschaft aber vielen Hilfskräften an Tasten und Blasinstrumenten fügen sie dem Sound der Tradition etwas von der Hektik New Yorks hinzu und heraus kommt eine fette uptempo Soulplatte mit traditionellen Grooves im zeitgemäßen Sound, als wäre TONY JOE WHITE 30 Jahre jünger bei STAX im Studio gewesen.


Soviel zum leichten Konsum. Etwas näher hinhören sollte m/f schon bei NATASA MIRKOVIC & NENAD VASILIC und deren Kontrabass trifft Frauenstimme CD „Soulmotion“. Sie interpretieren einige ihrer Favoriten Songs von Künstlern ihrer Heimat (gleich mehrere von GORAN BREGOVIC). Ausstattungsbedingt sehr minimal, aber keineswegs ohne Groove. Ich verstehe leider so gut, wie nichts von den Texten (sind in Übersetzung beigelegt), allein der Gesang vermittelt den Inhalt schon ziemlich eindeutig.
Der Bandname SLOW ELECTRIC legt die Idee eines neuen Downbeat Projekts nahe. Ist auch nicht ganz falsch. Das gleichnamige Album ist gespickt mit Loops und Keyboards, es dominiert aber das Piano und der Gesang erinnert am ehesten (ist kein Vergleich!) an DAVID SYLVIAN. Vergleichbar ruhig, ohne vordergründige Rhythmusmuster fließt die Musik auch dahin. Einsame Klänge verdichten sich, zerfallen wieder, werden von der Stimme neu zusammengeführt, manchmal ein wenig abstrakt, nie jedoch ohne Harmonie. Dafür braucht es Ruhe.

Zum Ende des Jahres noch eine echte Überraschung. Zunächst fand ich die Bezeichnung SONIC ADVENTURE PROJECT doch arg überzogen. Was mich aber nicht davon abhielt, mich nach einigen Malen abspielen in diese Platte beinahe zu verlieben. Die beiden Herren VIEHBÖCK und KÖLLERER erschaffen auf den Tracks nach und nach ein Klangbild, das immer vollständiger, runder und dabei spannender wird, so dass der ausgesucht gute Gesang der Damen DOBNER und FISCHER eigentlich nur das Sahnehäubchen auf dem gedeckelten Vulkan ist. Ich sage statt „chill“ lieber ambient, das vermeidet vielleicht die Vorurteilsfalle, denn „Whoisin?“ ist wirklich alles andere, als gewöhnlich.

Selbst überzeugen in jedem gut sortierten Plattenladen, mit 30 Sekunden Schnipseln im Netz oder vielleicht auch in Zukunft samstags von 11-15.00h in der Breiten Gasse 1. Wenn ja, dann Info hier und im Fratzenbuch.
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

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