Von Günter, 19.09.2012

FEATURECAST/ DAZKARIEH/ MAX RICHTER/ TANGO CRASH/ LAYORI/ SUNDAY IN BED 5

Damit der Text etwas größer gedruckt werden kann, versuche ich in Zukunft meine polemischen oder opportunen Intros wegzulassen. Obwohl so ein allgemeiner Satz zum Wetter ungemein lockert….

…ange-jazzte Kammermusik

Nach dem Begleittext hatte ich mit mindestens so hektischen Beats und schrillen Breaks, wie bei SKRILLEX gerechnet. Weit gefehlt, FEATURECAST nennt sich der DJ und hat mit diversen Gästen mit Stimme sein „Run for Cover“ zusammengebastelt. Was soll ich sagen, kein hektisches Tempo, keine vertrackten Rhythmen, sondern deutlich im Club-Tempo der 80er fußend, mit entsprechend gewählten elektronischen Zutaten, aber extrem funky! Geschickt ausgesuchte Samples zu neuen Harmonien und Riffs verschmolzen, so macht mir Club-Musik für junge Leute Spaß. Da fliegen die Erinnerungen an KURTIS BLOW oder „Catch the Beat“ nur so heran. Der „Genius of Rap“ von damals hat deutliche Spuren hinterlassen.


Modern, elegant und zart

Ungewöhnlich für diese Seite, aber eindeutig verdient, eine Rock Platte. DAZKARIEH aus Portugal haben sich mit ihrer eigenwilligen Mischung aus traditionellen Elementen und Indie-Rock im Verlauf der vergangenen Jahre eine große Fangemeinde erspielt. Unwillkürlich denkt m/f an die HEROES DEL SILENCIO, allerdings mit erheblich mehr Wucht und fast keinem Hang zu Mitsing-Refrains. Konventionell verwenden sie Gitarre und Bass plus Sängerin, alle anderen erstaunlichen Klänge werden von so gebräuchlichen Instrumenten, wie Bouzouki oder Dudelsack erzeugt. Feine Arbeit!


The perfect Companion

Noch was eher ungewöhnliches: MAX RICHTER hat für die „Recomposed“ Reihe der Deutschen Grammophon einen der „Hits“ der frühen Klassischen Musik, VIVALDI’s „Vier Jahreszeiten“ überarbeitet. Ich habe nicht den Original gegen Neu Vergleich gemacht, sondern spreche aus meiner Erinnerung: Sehr respektvoll zur Vorlage, mit DANIEL HOPE an der Violine hatte er auf jeden Fall einen kompetenten Unterstützer dabei, die Themen etwas anders betont, den Rhythmus etwas gestrafft und den Klang des Kammerorchesters etwas auf die Hörgewohnheiten eines eher nicht klassisch geschulten Publikums eingestimmt. Sehr interessante Variante.


Die Violine wurde bereits erwähnt, dann kann die Tango-Combo ja nicht mehr weit sein…TANGO CRASH legen nach vier Jahren ihr neues Werk „Accidente de Tango“ vor. Noch besser produziert, als der schon sehr gelungene Vorgänger „Baila Querida“, mit mehr Gästen, als je zuvor und deutlich mehr Jazz. Mit Gesang auf 2 Titeln und sehr gelungenen Ausflügen ins Reich der Improvisation halten sie ihren Tango weit weg von der Tanzfläche (wer’s kann, kann dazu auch tanzen..). Eher zu vergleichen mit dem Klassiker des Tango Nuevo von PIAZZOLLA und MULLIGAN. Jazzige Kammermusik auf Basis des Tango in Vollendung!

Für das Album von LAYORI „Rebirth“ muss ich mir erst noch eine Schublade ausdenken. Singer/Songwriter Pop mit bluesigem Unterton und leichter afrikanischer Einfärbung. Zu den sehr sanften Melodien, die aber keineswegs simpel oder flach daherkommen, singt sie in ihrer Landessprache. Mit kleiner, sehr international besetzter Band trägt sie ihre Songs, wie vor einer kleinen, intimen Runde vor. Elegant, aber zerbrechlich, sehr eingängig und doch mit leichtem Jazz-Faktor mischt sie die genannten Einzelteile zu einem ungemein süffigen Cocktail, der am liebsten nie zu Ende gehen soll. Ganz zart die eigene
Vorstellung von Wohlklang auf den Punkt gebracht.

Zum Finale wieder sehr leichte Kost. Und das ist nicht negativ gemeint! „SUNDAY IN BED“, bereits die 5. Folge dieser Doppel CD Reihe enthält wieder genau das, was der Titel behauptet. Nicht die Revolution aus den Lautsprechern oder den Kult des Monats, sondern mit gutem Geschmack, großer Sachkenntnis und noch mehr Liebe zum Detail zusammengestellte Musik-Sets von total fast 2 1/2 Stunden, bunt gemischt durch alle Stile, mit nur dem roten Faden: Nicht hektisch werden! Von GAINSBOURG goes Reggae zum NOISESHAPER. Bekanntes, weniger Bekanntes, aber sicher keine (Ex?) Ohrwürmer. Einziges Manko: Das Cover. Ich kenne niemanden, die (der!) Sonntags so auf dem Bett herumliegt. Das liegt aber vielleicht an mir….

Das alles kann m/f ansehen, anfassen, anhören und sogar kaufen in jedem gut geführten Plattenladen, wahrscheinlich auch im Internet, aber ganz sicher am 6. Oktober und dann an jedem 1. Samstag („Langer Samstag“) im Monat von 11.00h bis 15.00h in der BREITEN GASSE 1, Anzeigenannahme der NA DANN, wo die MUSIKaPOTHEKE ihre Tür öffnet und noch ganz andere „Schätze“ ans Licht des Tages zerrt. Ich hoffe, wir sehen uns da!
Na Dann. Tschüss! i.m.trend@muenster.de

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