Ohrenschmauch
Von Günter, 01.04.2015
EL ZITHERACCHI/ TOM BROSSEAU/ RASGUEO/ CHILLY GONZALES/ DOLLS COMBERS/ PHILIPP FANKHAUSER/ BRISTOL
EL ZITHERACCHI nennt er sich und hat sich eine grosse Aufgabe gestellt. Den Klang des alpenländischen Traditions-Instruments in die Welt und die neue Zeit zu tragen. Überwiegend allein, gelegentlich von Handtrommeln oder Bass unterstützt, bietet er 13 Titel aus dem eigenen Vorrat. Kurze und längere Meditationen oder Improvisationen über eine kleine Melodie. Faszinierend! Erinnert mich an WINDHAM HILL und WILLIAM ACKERMAN.
Auch ungewöhnlich: TOM BROSSEAU und seine beiden Begleiter am Spar-Schlagzeug und Kontrabass haben ihr neues Album „Perfect Abandon“ in einem leeren Saal mit nur 1 Mikrophon, also Mono, aufgenommen. Meist ruhige Songwriter Musik, die auf frühem Country basiert, ab und an etwas mehr rockt oder bluest und trotz minimaler Technik sehr warm und präsent klingt.
Mindestens 1x jährlich begegnet mir ein neuer Versuch Flamenco und Jazz miteinander zu verschmelzen. RASGUEO heisst das Projekt mit einem griechischen (!) Gitarristen, spanischem Trommler, deutschem Bass und Trompete. Die vier bleiben nicht nahe am Ursprung, sondern lassen auch das Element Rock, das im jüngeren Jazz schon mal auftaucht, ordentlich vorkommen. Spannende, vielseitige Kompositionen, die vom Quartett handwerklich perfekt umgesetzt werden und den „Waterfall“ 45 Minuten kräftigen strömen lassen.
Der kanadische Pianist und Entertainer CHILLY GONZALES hat zu seiner neuen Platte das Instrumentarium etwas aufgestockt. Nach „Solo Piano 2“ hat er „Chambers“, Nomen est Omen, mit einem Streichquartett und weiteren Gästen eingespielt. Eingängig und harmonisch, wie erwartet, dabei immer ein wenig quer. Langeweile kann da nicht aufkommen. Den kann m/f nur lieben oder ignorieren.
Jetzt etwas leichter. Die DOLLS COMBERS haben unter den Fittichen von HARLEY & MUSCLE eine neue Doppel CD zusammengestellt. Auf CD 1 neue Kompositionen, nicht wie von mir erwartet, im glatten 4 to the Floor Housebeat, sondern leicht angejazzt und perfekt Warmwetter geeignet. Wahlweise instrumental oder mit gut ausgewählten Stimmen verfeinert. Auch CD 2 überrascht, denn selbst hier, obwohl der Beat deutlicher auftaucht, bleibt die Musik eher Melodie orientiert. Trotz längerer Mixes, renommierter Gastteilnehmer klingt das Ganze mehr nach 80er Jahre ‚British Jazz Funk‘. So interessant und inspiriert habe ich das nicht erwartet.
Blues aus den Bergen! PHILIPP FANKHAUSER macht mit „Home“ das halbe Dutzend Veröffentlichungen voll. Über eine Stunde lang variiert er mit seiner grossen Band mit Bläsern das Thema, in eigenen Kompositionen und erstaunlich vielen Tracks von JOHNNY COPELAND. Und wann immer sie die berüchtigten 12 Takte links liegen lassen (zum Glück oft!) wird die Platte richtig fein. Wer dann noch eine Cover-Version der ‚Rainy Night in Georgia‘ hinkriegt, die mindestens sehr akzeptabel ist, der darf auch ein stehend langsames 10 Minuten Titelstück nachlegen. So ist „Home“ zwar eigentlich zu europäisch ‚ordentlich‘, aber nichtsdestotrotz nicht nur für Blues Fans mehr als hörenswert.
Es waren nicht nur die ungewöhnlichen Sounds, die fetten Beats und die abgefahrenen Computer/Sampler-Basteleien, die die Musik der 90er aus dem UK, schnell etikettiert als Trip Hop, so erfolgreich machten. Sicher, diese Zutaten waren wichtig, aber auch hier galt und gilt: Das A und O ist der Song. Nach dem hat MARC MOULIN, früher erfolgreich als NOUVELLE VAGUE, gesucht und für sein Cover-Versionen Album „BRISTOL“ 14 Perlen aus dieser Phase in leicht 60ies angehauchte Band-Arrangements umgearbeitet. Tracks von u.a. MASSIVE, TRICKY, SNEAKER PIMPS und sogar NENEH CHERRY klingen auch ohne Elektronics oder Samples einfach zeitlos. Mein Tipp!
na dann...
Tschüß! i.m.trend@muenster.de
Reinhören & Verlieben
samstags von 11-15.00 Uhr:
Günter’s MUSIK-aPOTHEKE
Breite Gasse 1