Von Günter, 03.02.2016

GOGO PENGUIN/ TUFF LOVE/ JACOB BELLENS/ STEVE WAITT/ XIXA/ ALEXANDER VON SCHLIPPENBACH

Jazz Trio anders!

Der exzellente Vorgänger „V 2.0“ hat hierzulande nur in Fachkreisen eine kleine Welle geschlagen. Das wird sich mit dem „Man made Object“ ändern. GoGo Penguin sind ein konventionell besetztes Jazz Trio, also Piano, Bass, Drums. Sie zitieren jedoch nicht das ‚Great American Songbook‘ oder verlieren sich lässig träumend in der Bar. Sie klingen eher, wie elektronisch gebastelte Musik, die allerdings komplett akustisch erzeugt wird. Drum’n’Bassige Beats von Hand, das Piano spielt, wie vom Sequenzer wiederholt (aber mit ‚Human Factor‘) und der Kontrabass verbindet beide mit runden Läufen und tiefen Frequenzen. Trotz der musikalischen Freiheiten auch für nicht unbedingt improvisations-affine Menschen gut geeignet. Nicht ganz weit vom Esbjörn Svensson Trio.


Von komplex und trotzdem zugänglich zu einfach gestrickt mit hohem Spass Faktor. TUFF LOVE schütteln auf ihrem „Resort“ 15 kleine Pop Punk Perlen aus dem Ärmel. Eingängig, ohne Hi Fidele Ambitionen, pendeln die Songs zwischen uptempo Velvet Underground und Zeitlupen-Ramones. Spätestens seit Aztec Camera oder Orange Juice weiss die Pop Welt, das Schotten (auch deren Frauen) mit 2 und einem halben Akkord eine schöne Melodie auf die Reihe kriegen. Achtung: Bei Hören im Auto besteht die Gefahr von Geschwindigkeits-Übertretung!

JACOB BELLENS bietet auf seinem „Polyester Skin“ leicht wehmütige Erinnerungen an die 80er. Keine Ahnung, ob er die selbst schon bewusst erlebt hat, aber ich höre die besseren Momente von Human League, Ultravox und Synthies und Harmonien, wie bei Bronski Beat. Ganz schön, sehr entspannt und mit viel Liebe zum Detail musikalisch ausgeschmückt.

Ja, die Ungnade der frühen Geburt. Überall höre ich, oder glaube zumindest zu hören, Sounds aus der Vergangenheit. Auch bei STEVE WAITT und seiner „Stranger in a strange Land“. Singer / Songwriter mit kräftig aufspielender Band. Endlich einer, dem ich nicht den Zimmerman oder Bruce als Vorbild andichten kann. Guter Sänger, mehr an der rockenden Seite interessiert und deutlich hörbar gut austrainiert durch landauf landab ‚tingeln‘. Das gilt auch für seine Band! Statt der grossen Folkies höre ich hier viel mehr The Blessing, oder etwas zu hoch gegriffen Little Feat. Eine im allerbesten Sinne konservative Rock Platte.

Die Wüste rockt!

Dass die Wüste rockt ist uns nicht mehr neu. Ob in Mali oder in Tucson. XIXA wollen sich zwischen diesen Polen auch nicht entscheiden. „Bloodline“ ist als Titel gut gewählt, die Klang-Verwandtschaft zu den afrikanischen Wüstensöhnen ist nicht zu überhören. Dazwischen klingt es auch mal nach nicht ganz so zurückgelehnten Calexico oder, wenn sie mal aufdrehen, nach Robert Plant gesteuerten Zeppelin Ausflügen. Einen ordentlichen Twang beherrschen sie ebenso, wie Latin-Rhythmen mit Metal Gitarren. Vielseitig, vielschichtig, anders, Latinos in 2. oder 3. Generation in USA. Durchaus nicht ganz weit von den Los Lobos.


Urgestein des Jazz in BRD

Zum Schluss etwas von einem, der noch länger in der Branche ist, als ich. ALEXANDER VON SCHLIPPENBACH, einer der Väter des improvisierten Jazz in der BRD legt uns mit 77 Jahren eine neue CD vor. Live aufgenommen im Quartett mit Rudi Mahal (Bassklarinette), Antonio Borghini (Bass) und Heinrich Köbberling (Drums). 13 Titel, entweder selbst komponiert, oder von Herbie Nichols oder Eric Dolphy plus ein Interview am Ende der CD. Das klingt nicht mehr so wild und frei, wie seine ‚Globe Unity‘ anno 1966, ist aber meilenweit vom ‚braven‘ Jazzquartett Standard entfernt. Innerhalb der vorgegebenen Themen wird zu meist swingenden, zumindest fliessenden Rhythmen improvisiert, wobei selbst Wohlklang gelegentlich nicht vermieden wird. Wie er selbst sagt, mit Musik kann m/f heute eigentlich niemanden mehr schockieren. Erst recht nicht, wenn es sich um derartige Könnerschaft handelt.


na dann... Tschüß!

i.m.trend@muenster.de

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