Von Günter, 17.02.2016

REAL GROUP/ LES CERVEAUX LENTS/ TAMARA LUKASHEVA/ JULIAN SAS/ GARE DU NORD/ KETIL BJORNSTAD

Mit 21 Titeln in knapp unter 80 Minuten feiert die REAL GROUP ihr 30 jähriges bestehen. Zu fünft, 3 Männer, 2 Frauen, zelebrieren sie Gesangskunst. Ohne Instrumente. Das europäische Pendant zu den frühen MANHATTAN TRANSFER. Titel werden abgeleitet aus der heimischen Folklore, klassische Momente sind zu hören, alles transferiert in ihre ausgefeilte Vokalarbeit. Von BASIE über BACH zu MICHAEL JACKSON adaptieren sie auf ihren Stil. Und swingen, was das Zeug hält.

Diese hier singen überhaupt nicht: LES CERVEAUX LENTS aus Belgien nennen ihren Erstling „Heiss und fürchterlich“. Heiss passt auf jeden Fall zu dieser Mischung aus balkanischen Klängen, ein wenig Klezmer, Ska im langsamen Tempo und russischer Seele. Sehr ausgefallen, bunt und gelegentlich schön dramatisch.

Singt, scattet, croont..

Und mit der (der russischen Seele) geht’s gleich weiter. Neu auf der Gesangsbühne (was den physischen Tonträger angeht): TAMARA LUKASHEVA. Auf „Patchwork of Time“ präsentiert sie mit ihrem Trio aus Piano, Bass und Drums plus Gastposaune und –violine 12 eigene Songs. Keine allseits beliebten Cover-Versionen, sondern das volle Risiko. Eigenes Material, deutlich mehr am Jazz, als am eleganten Wohlklang orientiert, singt, scattet und schmust sie sich durch ihre selbst geschaffene Musikwelt, lässt dabei die Band nicht zu kurz kommen und liefert sich auf Track 3 ein Duett mit der Posaune, dass m/f nicht so schnell wieder vergessen wird!


Im Quartett besser!

Mann muss das Rad nicht neu erfinden, um eine richtig gute Blues-Rock Platte zu machen. Gesagt getan, JULIAN SAS hat für sein „Coming Home“ sein Trio um Keyboard / Hammond erweitert und liefert neben ein paar echten Rockern, die er gut kann, hier beinahe mehr midtempo bzw. Slow Burner ab. Und die heben dieses Album dann auch deutlich aus der grauen Masse heraus. Technisch versiert sein kann m/f durch fleissig üben, aber die Seele sprechen lassen, dafür braucht es Leben.


Dehnen ihren Horizont

GARE DU NORD haben eine neue CD auf dem Markt. „Stronger“, und wieder ganz anders. Die Sängerin ist mit von der Partie. Da klingen sie vergleichbar mit INCOGNITO in deren besten Phasen. Souliger Jazz-Funk, nicht so glatt, wie die Amerikaner, nicht ganz so Streetwise, wie es das UK liebt. Das können sie, haben sie schon auf Vorgängern bewiesen. Die 2. Halbzeit ist jedoch ziemlich anders. Die ‚Dolce Vita Suite‘ ist eine 5 teilige Filmmusik-Komposition. Der Schwerpunkt liegt nicht auf fetten Grooves, sondern deutlich mehr auf Atmosphäre. Die Vorlage heisst ‚Igloo in the Desert‘, entsprechend reichen die Sounds von ‚Paris Texas‘ elektrifiziert über lyrische Instrumental- und Gesangs Passagen zu beinahe ambienten Klang-Konstruktionen mit minimalen Harmonien und oder Beats. Solle m/f nicht ‚skippen‘, sondern entweder gar nicht oder lieber ganz anhören. Da kann m/f sich den Film schon mal vorstellen…


Mit KETIL BJORNSTAD ’s „Images / Shimmering“ wird es jetzt noch minimaler. Auch wenn gleich 2 CDs im Schuber stecken. Ein Mann, ein Piano, ein wundervoll klingender Bechstein Flügel, an 2 unterschiedlichen Orten aufgenommen. ‚Shimmering‘ live mit einer kleinen Anzahl ZuhörerInnen, ‚Images‘ live im Studio. Beide CDs fliessende, spontane Improvisationen ohne vorliegende Komposition. Er folgt seiner Fantasie, seinen Eingebungen, seinem Gefühl. Nicht verträumt kitschig, einfach zeitlos schön.

na dann... Tschüß!
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