Ohrenschmauch
Von Günter, 14.11.2018
FAY CLAASSEN/ BEYOND BORDERS BAND/ OMAR SOSA & YILIAN CANIZARES/ DON THE TIGER/ LEONIE PERNET
Eigentlich ist die Seite 3 der na dann… den politischen Kommentaren vorbehalten. Aber den muss ich einfach los werden: Liebe CDU-ler, da habt Ihr jetzt eine schöne Wahl. Zwischen einer bislang zurückhaltenden, sachorientierten und zielstrebigen Frau, einem beinharten Karrieristen und dem rechtslastigen, verlängerten Arm des Gross-Kapitals. Zeigt es uns! Das heisst übrigens nicht, ich hätte am Personal der anderen Parteien nichts auszusetzen.
Das Great American Songbook singen alle, sogar die, die es besser lassen sollten. Statt eine unter vielen zu werden, hat die niederländische Sängerin FAY CLAASSEN neun Songs von Komponisten aus ihrer Heimat für ihr „Dutch Songbook“ ausgewählt. Jazziges, Chansons und Pop-Songs, die sie mit Hilfe der stark von unseren nordwestlichen Nachbarn durchsetzten WDR Big Band in absolut ernst zu nehmenden Big Band Jazz umwandelt. Auf ihrem bereits 9. Album muss sie ihre gesanglichen Qualitäten nicht mehr beweisen, kann sich auf ihre Stimme und ihr Timing absolut verlassen, die mit 3 weiteren niederländischen Musikern verstärkte Band des WDR sorgt mit pfiffigen Arrangements und gekonnten solistischen Einwürfen für zusätzliche Spannung. Natürlich singt sie zum Teil auch in ihrer Heimatsprache und bei genauerem Hinhören wird m/f sogar den einen oder anderen Titel, auch in diesen Versionen, wiedererkennen.
War das der ‚kleine Grenzverkehr‘, liegen die hier recht weit auseinander. Die BEYOND BORDERS BAND verschmilzt seit 2011 Ideen und Spielweisen des modernen Jazz mit arabischer Musik-Tradition. Mit Kontrabass, Sax, Drums und Oud bietet dieses Quartett eine hochinteressante, spannende Mischung. Auch auf „It just happens“, ihrem 2. ALbum, fasziniert mich der Zusammenklang der ‚arabischen Gitarre‘ mit Instrumenten der westlichen Sphäre. Arabische Tonfolgen auf dem Kontrabass, jazzige Improvisation von Oud und Sax, diese vier Freunde, 1 Schweizer, 2 Deutsche, 1 Tunesier, bilden auf den 8 Titeln eine äusserst homogene Einheit, finden eingängige Melodien, forcieren meditative Elemente zu rhythmischen, beinahe Rock-Jazzigen Gebilden und geben sich gegenseitig viel Raum. Nix Egotrip, zusammen sind sie mehr, als die Summe der Einzeltalente.
Da haben sich 2 gefunden. OMAR SOSA & YILIAN CANIZARES, beide aus Kuba, beide schon lange im ‚Exil‘ und beide experimentierfreudig. Piano, Violine und dezente Elektronik, dazu ganz wenig Perkussion, so improvisieren sie grösstenteils, lösen Songstrukturen auf und oder fügen sie zusammen. Sie singt und spricht eigene Texte, sehr emotional, er begleitet unaufdringlich mit sparsamen Klängen. Manchmal etwas mehr rhythmisch, insgesamt aber intim, bleibt „Aguas“ zurückhaltend und einfach schön.
Nochmal Kuba, aber ganz anders. Adrian de Alfonso nennt sich DON THE TIGER und bietet kubanische Seele in ungewohnter Variante. Minimale elektronische Arrangements ohne dazu erwartbare Beats, dafür Geräusche und Effekte, deutlich näher an den sogenannten Neo-Klassikern (Frahm, Ackroyd), als an den heimischen Sones. Könnte gut auch beim Label Warp erschienen sein.
Und noch etwas ungewöhnliches aus Frankreich. LEONIE PERNET macht auf ihrem „Crave“ scheinbar alles allein. Singen, ob mit elektronischem Tremolo oder im Stil von Plastic Bertrand, Beats und Melodien per Tastatur und Sampler. Weder New Order noch Laurie Anderson sind spurlos an ihr vorübergegangen, auch die heimische Chanson-Kultur lässt sie nicht kalt. Von simpel und flott bis grosses Drama hält diese CD ordentlich Abwechslung bereit.