Von Günter, 05.08.2020

NIGHTHAWKS/ GANNA/ JANA HERZEN & CHARNETT MOFFETT

Mit dem britischen ‚Q‘ Magazine ist im vergangenen Monat eine weitere meinungsstarke (und ehemals auflagenstarke) Musikzeitschrift gestorben. Wird nicht wie andere wenigstens Online fortgesetzt. Gründe dafür gibt es sicher einige, vielleicht hätte es sich in den Titel-Stories mehr mit den ‚alten Helden‘ befassen müssen, das hilft dem Wettbewerb (Mojo, Uncut…) scheinbar besser über die Runden.

Ich habe mir die Juli Ausgabe des ‚Mint‘ Magazins gekauft. Befasst sich ausführlich mit dem Pop (Rock!) Musik Jahr 1970. Das Jahr, in dem ich begann Tonträger (damals LP und MC) zu verkaufen. Gelesen habe ich noch wenig, werde mich hier auch nicht mit den qualifizierten SchreiberInnen anlegen, 50 Jahre später kann m/f auf, wenn auch nicht, wenigen Seiten nicht die Vielzahl möglicher kleiner Wichtigkeiten abbilden. Also subjektive Erinnerung verglichen mit fachlicher Theorie. Die Schlüsse und Entwicklungen sind richtig, Bewertungen auch, aber ausser den genannten ‚Schlachtrössern‘ gab es noch einige nicht so geschichtsträchtige, jedoch sehr wohl wichtige andere ‚Kleinigkeiten‘. Für interessierte Nachgeborene trotzdem unbedingt empfohlen!

verschönern den Sommer

Ohne auch nur einen einzigen Ton neu einzuspielen legen die NIGHTHAWKS mit „Only (Vocal Tunes 2004-2016) ihr wohl rundestes Werk vor. Wie der Titel verrät, gesammelte Titel mit Gesang aus 12 Jahren. Und die haben es in sich. Dal Martino, der Multi-Instrumentalist und Reiner Winterschladen, der Trompeter, bilden den Kern dieses in unseren Breiten wohl auffälligsten Pop-Jazz-Fusion Projekts. Fest im Ensemble sind Thomas Alkier an den Drums und Jürgen Dahmen an den Tasten. Dazu gesellen sich, je nach Titel, weitere Musiker, die den entspannten Groove harmonisch ausmalen helfen und, das macht diese Zusammenstellung so rund, Stimmen. Auf 3 Tracks singt Dal Martino selbst, auf den weiteren 8 sind es Gäste. Ein Mann, Jeff Young, die einzige eher uptempo Nummer, die anderen 7 Tracks werden von z.B. Shannon Callahan, Patricia Cruz, Helen Kaiser, Emilia Istvan, Pat Appleton und Anna Maria Jopek intoniert. Auf den Punkt, überzeugend und in 5 Sprachen veredeln diese Stimmen die (wie in diesem Land auch immer..) sonnenbeschienenen, eher nach US Westküsten Pop Jazz klingenden Kompositionen. Dazu noch ausgesprochen einfühlsam agierende Gitarristen (Markus Wienstroer, Dominic Miller), meist eher langsame Tempi und die ausgewogenen Produktion prädestinieren diese Musik für die warme Jahreszeit. Wie sagt die Modebranche? Ein Must Have!


Melodieverliebt u. experimentierfreudig

Auffällige Stimme auch hier, aber ganz anderer Kontext. GANNA (Gryniva) benennt ihr Quintett nach ihrem Vornamen. „Dykyi Lys“, so heisst das Album der in Berlin ansässigen Ukrainerin, ist die Nummer 84 in der Reihe „Jazz Thing Next Generation“. Und das ist kein Zufall. Kompositionen aus den Schnittmengen Jazz, heimatliche Folklore und experimentelle Känge bestimmen die Ausstrahlung dieser CD. Die ‚klassisch‘, mit Sax, Piano, Bass und Drums besetzte Combo findet ausgeklügelte Kontraste zu ihrer starken Stimme, stützt, umgarnt sie oder setzt ihr Improvisiertes entgegen. Ganna singt nicht nur Texte, sie modelliert Harmonien, findet Klänge und ausgefallene Tonfolgen, ergreifende Melodie-Linien und heftige Stakkatos. Inspiriert, echt und sehr eigen, m/f sollte allerding ein Ohr für jazziges Zusammenspiel haben.


Ausgesuchte Songs im Duo

Zum Schluss noch eine echte Herzens-Angelegenheit. Motema Label-Chefin JANA HERZEN & CHARNETT MOFFETT, akustische Gitarre/Gesang und Bass. „Round the World“ ist als Titel nicht ganz falsch, 5 eigene Songs, die sie irgendwo auf der Welt nach lokalen Eindrücken schrieb und 6 Cover-Versionen von u.a. den Beatles, Men at Work, Joni Mitchell, Roberta Flack und Kermit, dem Frosch. Gekonnt und geradlinig zu zweit eingespielt, überzeugend gesungen, m/f merkt, dass die Covers nach echten Vorlieben ausgesucht sind, und ebenso feinfühlig konserviert. Ganz nebenbei, Reggae Grooves sind auch ohne gekonnte Drum- und fette Bass-Begleitung immer erkennbar und funktionieren, wo eingesetzt, auch im Duo hervorragend.


Archivtexte Ohrenschmauch

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