Ohrenschmauch
Von Günter, 12.08.2020
RIVAL CONSOLES/ THOMAS BARTLETT/ JULIANA DA SILVA/ BONGIZEWE MANDABLA
Da hängen und stehen sie wieder. Die Wahlplakate mit den knackigen Formulierungen zur Zukunft der Stadt. Die Entscheidung ob überhaupt und wenn ja, wie viele, wurde erst einmal vertagt. Es hätte mich schon gefreut, wenn die Parteien sich zumindest darauf geeinigt hätten, in welcher (kurzen!) Frist nach der Wahl die wundervollen Kunstwerke wieder eingesammelt werden müssen. Zu den Inhalten verweise ich hier auf Käpt’n Blaubär: „Das sind Walversprechen, die muss m/f nicht halten“. Funktioniert gesprochen besser, als gedruckt….
Zum Start heute mal was ganz ohne Instrumente. Im Alleingang ausgedacht und mit Hilfe der mächtigen Fülle an Möglichkeiten am Computer in die Tat umgesetzt. Klingt für mich als eher ‚Old School‘ musizier Fan zunächst immer etwas befremdlich. Gleichzeitig aber auch faszinierend, weil, wie in diesem Fall RIVAL CONSOLES (bürgerlich Ryan Lee West), eine sehr andere, in sich aber sehr geschlossene musikalische Welt öffnet. Ja, es gibt auch gerade Beats, weniger als Einladung zum Zappeln, als vielmehr Teil einer durchaus komplexen rhythmischen Struktur. Harmonien, flächige Klänge, wiedererkennbare Melodien und entgegenlaufende Muster kennzeichnen auf „Articulate“, dass der Komponist sich nicht auf Zufall oder Maschinen vorgegebene Entwicklungen verlässt, sondern mit elektronischer Hilfe seine Vorstellung sehr dezidiert umsetzt. Neugierig geworden? Der Künstler bekommt pro Stream (z.B. auf youtube 0,0069 cent..)

Noch einer ganz alleine. Und ganz ohne Elektronik. THOMAS BARTLETT hat während des Lockdowns in NY in 2 Tagen mit „Shelter“ eine romantisch schöne Klavier-Solo Platte eingespielt. Eine gute Stunde, aufgeteilt in 8 unterschiedliche, auch mal sehr lange Nocturnes, die die aufgekratzte Seele aus dem Stand besänftigen. Langsam, beruhigend und Ton für Ton auf Wohlklang ausgerichtet, beschreibt er selbst diese CD als seine persönliche Liebeserklärung an seine Wahlheimatstadt, in der es während der Zeit so ruhig war, wie fast niemals zuvor.

Der Titel führt leicht in die Irre. „Vai Samba meu“ (go my Samba) legt eine Trommel-/Rhythmus-lastige Produktion mit brasilianischem Elan nahe. Weit gefehlt, JULIANA DA SILVA arbeitet seit Jahren mit ihrem Trio (p,b,dr) an ihrer eigenen Variante. Die Besetzung legt es nahe, sie singt die jazzige Version des Samba, die Combo begleitet und unterstützt sie engagiert und sehr gekonnt. Für das erweiterte Klangspektrum sorgen eingeladene Gäste an Blasinstrumenten, Cimbalom(!) und Vioine. Von den 11 Titeln der CD hat sie 3 selbst bzw. mit geschaffen, die anderen stammen von grossen Namen der brasilianischen Musikwelt, und obwohl deren Namen hier geläufig sind, keine Songs, die bei uns populär waren. Musikalisch setzt sie das Thema Samba sehr vielseitig um, ihr Trio setzt Akzente, improvisiert lebendig und ist besonders für seinen Umgang mit Dynamik zu erwähnen.

Und noch was mit afrikanischem Ursprung. BONGEZIWE MANDABLA veröffentlicht mit „Iimini“ sein 3. Album. Auf seinem Weg vom Singer/Songwriter zum Soul-Sänger kommt er hier ein entscheidendes Stück voran. Konventionell instrumentiert, aber mit dezenter elektronischer Unterstützung, schafft er berührende Atmosphären, lässt seine afrikanische Heimat durchscheinen und kriegt auf 1 Track angemessene Unterstützung durch Son Little, der auf dem Sektor ‚Moderner Soul ohne Goldkettchen‘ kein Unbekannter ist. Er singt überwiegend von Liebe und anderen zwischenmenschlichen Dingen, leider verstehe ich kein Wort seiner Sprache, das wird für diese wundervolle Platte ein Handicap sein plus der Umstand, dass er nicht ein wuchtiges Marketing-Team (wie z.B. J.S. Ondara, musikalisch sehr vergleichbar) hinter sich hat. Im Vergleich wenig Afrika, dafür ein kräftiges Plus Soul. Hören!