Von Günter, 13.11.2024

MARCUS TRUMMER/ ULRICH ELLISON/ JAKE BLOUNT & MALI OBOMSAWIN/ GANAVYA/ BABELNOVA ORCHESTRA/ ADHD/ DIEGO PINERA

Jede Woche die gleiche Frage. „Where do I begin?“. Heute mal mit Musik nahe an den Wurzeln. MARCUS TRUMMER, Gitarrist und Sänger bewegt sich auf seinem „From the Start“ durch Soul und Blues, wie m/f von einem Mann seines jungen Alters nicht erwarten würde. Die im Grunde einfachen Songs, überwiegend in mittlerem Tempo, werden getragen von der diszipliniert spielenden Rhythmusgruppe und ausgeschmückt durch passende Bläser und Background Stimmen. Das i-Tüpfelchen setzt er mit alt und erfahren klingendem Gesang und seinem inspirierten Gitarrenspiel. Old School, klar, aber klasse.

Auf dem gleichen Boden gewachsen, aber deutlich mehr dem Rock zugewandt ist „Momentum“ des Gitarristen ULRICH ELLISON. Mit Bass, Drums und Keys manövriert er das Quartett durch 12Tracks, in denen sein Instrument, das er zugegeben exzellent beherrscht, dominiert. Zwischendurch nimmt er etwas Druck und Tempo ‘raus, danach geht’s wieder forsch zur Sache.

Jake Blount & Maya Obomsawin – So sieht’s aus!

Weiter zurück den Wurzeln gehen JAKE BLOUNT & MALI OBOMSAWIN. Wie schon auf Jakes Vorgänger Album befasst sich „Symbiont“ mit den aktuellen, speziell klimatechnischen Lebensbedingungen, die wir Menschen durch unser Verhalten geschaffen haben. Die politisch und philosophisch nachvollziehbaren Texte werden untermauert von einer hypermodernen Variante Folk. Von afrikanischen, karibischen Einflüssen zu Gospel, Spoken Word, Country und Rock mit absolut zeitgemässer Produktion inklusive Programmiertem und Samples. Für Interessierte liegt ein 40 seitiges Booklet bei, das einen guten Einblick gibt in die Gedankenwelt der Ausführenden und die Komplexität der Produktion. Natürlich verlegt bei Smithsonian Folkways.

Wo ich schon mal bei Spirituellem bin hänge ich gleich Dana GANAVYAs „Daughter of a Temple“ an. Aus mit FreundInnen angesetztem Treffen zwecks Studium der Musik von Alice Coltrane wurde für mich eines der ungewöhnlichsten Alben der jüngeren Zeit. Indische Themen werden mit teilweise Gross-Ensemble zwischen Vergangenheit und Jazzigem intoniert, illustre Gäste unterstützen den Gesamtsound und die 4 Versionen von John Coltranes ‚A Love supreme‘ am Ende der Platte, auf 3en als Hintergrund für Gedicht Rezitationen, schicken den aufmerksam zuhörenden Geist beinahe in ein anderes Universum. Großtat!

Babelnova Orchestra – Babylonischer Cocktail?

Das BABELNOVA ORCHESTRA bedient sich aus diversen musikalischen Wurzeln. Ich höre da etwas Balkan, Arabien, Funk, Reggae und Cumbia sind auch dabei und selbst vor Rock-Motiven schrecken sie nicht zurück. Oud zu elektrischem Bass und kräftigen Drums, Bläser-Einsätzen und Wah Wah-Gitarre. Gebraut in Rom, wird auf „Magma“ trotz der breiten Soundpalette und der 11 Mann starken Formation durch raffinierte Arrangements kein babylonisches Sprachgewirr erzeugt.

ADHD – Rituelle musikal. Kommunikation

Statt Titel zu vergeben nummerieren ADHD ihre Werke einfach fortlaufend. Bei „9“ angekommen, hat sich an der Mischung aus Alternative, Progressive, Jazz und einer Spur Downbeat der Isländer nichts geändert. Wie sagt es der Waschzettel so bezeichnend: „Vier Freunde, die sich zur rituellen (musikalischen) Kommunikation treffen, um verschiedene Sprachen aus verschiedenen Welten an einem gemeinsamen Ort in einer fiktiven Landschaft zusammenzutragen“. Gitarre, Keys, Bass, Drums und Sax harmonieren beinahe frei schwebend. Einfach anders.

Ähnlich besetzt, ohne Keys, agiert das Quartett Odd Wisdom des Drummers DIEGO PINERA. Ziemlich komplett vorkomponiert, mit genügend Raum damit seine Kollegen ihre individuellen Farben glänzen lassen können, bietet der Schlagzeuger auf „Underground Roller Coaster“ hochkomplexe Rhythmus Arbeit, bei der seine Leidenschaft für Latin Rhythmen immer mal wieder durchscheint. Ohne Tricks oder doppelten Boden, Live im Studio eingespielt.

Archivtexte Ohrenschmauch

Günter Günter

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