Ohrenschmauch
Von Günter, 22.01.2025
VEILS/ CHRIS WENNER/ CHRIS ECKMAN/ GARN/ FILIPPO GAMBETTA & ALESSANDRO SCOTTO D’ANIELLO/ ESPERANZA FERNANDEZ/ FABIENNE AMBUEHL
Genau das richtige Programm für die nebelverhangenen letzten Tage bieten die VEILS mit ihrem neuen Album. 9 Zarte, melancholische Songs, die Sänger Finn Andrews mit trauriger, warmer Stimme vorträgt. Die Band begleitet auf „Asphodels“ zurückhaltend angepasst mit Piano als Führungs-Instrument. Ausgerechnet der Track „Melancholy Moon“ hat das flotteste Tempo. Besondere Erwähnung verdienen die Streicher-Arrangements, die nicht addiert wirken, sondern integraler Bestandteil der Songs sind.

Es ist nie zu spät für ein gutes neues Werk. Das könnte das Motto sein für CHRIS WENNER’s 3. Platte. Mit 68 Jahren ist er kein echter Newcomer, hat dafür den Vorteil, dass ihm das Leben schon viele Vorlagen oder Motive für seine Songs liefern konnte. Als Singer/Songwriter im besten Sinne vertont er seine Geschichten mit Klavier oder Gitarre, nur auf einzelnen Titeln helfen weitere Instrumente oder Stimmen. Vorzugsweises Thema sind Beziehungen, die er ernsthaft, mit etwas Romantik aber ganz ohne Kitsch vorträgt. Wer sich an die früh 70er Musik aus dem Laurel Canyon, J. Taylor, von Crosby bis Young oder auch Jackson Browne gern erinnert, wird sich bei „Not Old enough“ gut aufgehoben fühlen.

Und noch ein melancholischer Leisetreter. Der ‚Herumtreiber‘ CHRIS ECKMAN veröffentlicht neue Musik. Mit seiner eher Flüsterstimme führt er durch sein aktuelles Schaffen. Der Klang von „The Land we knew best“ setzt Stimmung und Tonfall seines Projekts Distance, Light and Sky aus den 10er Jahren fort. Langsamkeit, eingängige Melodien mit sorgfältig austariertem, minimalen Instrumentarium und bittersüssem Beigeschmack.
Von den Landschaften des Balkan (wo Herr Eckman lebt) in die Alpen. Das Schweizer Kollektiv GARN erarbeitet sich seine ganz eigene Variante Jazz. Mit b,g,p,dr und Sax erzählen sie in jedem Track die entsprechende Geschichte zum Titel. Allerdings ohne Worte, dafür komplett live im Studio eingespielt. Intensives Zusammenspiel, Spontaneität, Disziplin und Einfallsreichtum kennzeichnen „Loopwheel“.
FILIPPO GAMBETTA & ALESSANDRO SCOTTO D’ANIELLO nehmen uns mit auf eine kleine Weltreise. Mit 7 saitiger Gitarre bzw. Mandoline und Akkordeon starten sie in Brasilien, weiter nach Venezuela und herüber nach Frankreich und Italien. Bis auf 2 eigene alles Melodien, die sie Vorort einsammelten und für das vorhandene Instrumentarium umstrickten. „Choropo“ ist melodieverliebt, rhythmisch tückisch und äusserst lebendig.
Spanien pur bietet ESPERANZA FERNANDEZ auf ihrem „Sevilla 40.0“, mit dem sie ihr 40. Bühnen-Jubiläum feiert. Dass sie Flamenco Sängerin ist, hört m/f sofort, hier aber zeigt sie noch ganz andere Seiten. Beginnt mit einer sinnlichen Ballade, danach Cumbia Rhythmus, den sie mit Flamenco mixt. Es folgt Stimme plus Gitarre und eine weitere Ballade. Eine grosse Bandbreite an Emotion und Stilen deckt sie mit ihrer kräftigen, rauen Stimme ab und ist trotz langjähriger Arbeit keineswegs in Routine erstarrt.

„Thrive“ ist das Debüt Album der Schweizer Pianistin FABIENNE AMBUEHL und ihrem Trio. Mit Matt Ridley am Bass und Jon Scott an den Drums hat sie renommierte Kollegen an ihrer Seite, zusätzlich auf 4 Titeln ergänzt an Gitarren durch Tom Ollendorf und Ant Law. Auf den 8 selbst komponierten Titeln zeigt sie nicht nur ihre Fingerfertigkeit, sondern singt dazu. Mal wortlos á la Flora Purim oder auch eigene Texte und fremde Gedichte. Allerdings bleibt das Zusammenspiel der Combo der Vordergrund, Ausflüge der Kollegen und der ergänzende Einsatz der Gitarren zeigen ihr Gefühl und Wissen um das Erzeugen des runden Sounds. Ein guter Start ins neue Jazz Jahr.