Ohrenschmauch
Von Günter, 26.02.2025
MÖBEL KRÖGER/ HEATHER NOVA/ MARC STUCKI & SYLVIE COURVOISIER/ POLLY PAULUSMA/ CLAUDIA DÖFFINGER TORSO VENTUNO/ CHRISTINA PLUHAR L‘ARPEGGIATA
Das wurde ja auch Zeit! Dass es auf dieser Seite mal etwas rockt. MÖBEL KRÖGER macht alles allein. Ausdenken, Produktion, Instrumente und Gesang. In absichtlich unpolierter Alltags-Poesie beschreibt er das (sein?) Leben in der Welt von Überfluss, Hochleistung und Entfremdung. Die eher dünne Stimme trägt ihn durch die Songs auf „Sender Empfänger“, die von programmierten Drums und meist übersteuerter Gitarre getragen werden.
Ein wenig mehr Rock hätte ich nach der langen Pause schon von ihr erwartet. HEATHER NOVA hält ihr „Breath and Air“ eher melancholisch. Ihre ätherische Stimme ist nicht gealtert, ihr Blick auf die Welt und bestehende Zusammenhänge hat sich geschärft. Diese Einsichten fasst sie in 13 melancholischen, manchmal sphärischen, Songs zu einem Album zusammen, perfekter Soundtrack für die persönliche Reflektion.
Freie Improvisationen von Sax und Piano bieten MARC STUCKI & SYLVIE COURVOISIER mit deren „Blue false Indigo“. Die seit langem in NY lebende Pianistin Sylvie und der in der Schweiz arbeitende Marc ergänzen sich trotz ihrer unterschiedlichen musikalischen Sozialisation als Duo ausgezeichnet. Sensibles gegenseitiges Zuhören, übernehmen und ergänzen der Klangfarben des Gegenübers, konstruktiver und wohl dosierter Einsatz der Töne schaffen ein musikalisches Abenteuer.

Für alle, die immer noch glauben, dass ich alles kenne: POLLY PAULUSMA ist mit ihrem „Wildfires“ bereits bei Album Nr. 6 angekommen und ich hatte ihren Namen bisher nie auf dem Zettel. Dafür kriege ich’s jetzt von ihr dicke. Doppel CD bzw. 3er LP. Damit versucht sie den Gegenentwurf zur angeblich(?) kurzen Aufmerksamkeitsspanne des modernen Menschen. Wer Serien am Stück schauen kann, kann auch genügend Konzentration für ein langes Werk aufbringen. 19 Tracks, alle mit einem mindestens 1 minütigen Prolog eingeleitet, bevor der passende Song beginnt. Mit leicht rauchiger Stimme trägt sie ihre Lieder vor, dezent, passend sparsam, begleitet von akustischer Gitarre, Bass, Klavier und Drums. Poetisch formuliert, manchmal etwas altmodisch (positiv!), dabei immer bewusst in welcher Zeit sie/wir lebt/leben. Verletzlich jedoch nicht resigniert. Die Vorspiele mit ihrer aus Naturgeräuschen bestehenden Untermalung sorgen für die perfekte Einstimmung auf das folgende Thema. Ruhe, Geduld und Aufmerksamkeit werden hier reichlich belohnt.

Verzeihung, aber so ‚schöne‘ Big Band Musik habe ich seit Tim Isfort nur selten gehört. CLAUDIA DÖFFINGER TORSO VENTUNO besteht aus 20 Mitgliedern inkl. Sängerin. 5x Sax, je 4x Trompete und Posaune, dazu Tuba, Gitarre, Piano und Rhythmusgruppe samt Perkussionist. Alle Arrangements der „Nachtwache“ wurde von der Namensgeberin (die 21 im Namen) geschrieben, die selbst nicht aktiv im Ensemble mitwirkt. 8 recht lange Titel mit wechselnden SolistInnen vor weich fliessendem harmonischem Hintergrund. Balladesk trotz durchaus dynamischem Aufbau der Titel, die Einzelstimmen perfekt in den Gesamtklang eingebettet und dazu noch auf einigen Tracks die passende Sängerin. Wer nicht schon dabei ist, sollte mit dieser Musik den Einstieg in Jazz versuchen.

CHRISTINA PLUHAR L’ARPEGGIATA stehen schon seit Jahren für das Auffinden und oder Bearbeiten barocker Werke, die nicht unbedingt im Scheinwerfer stehen. Für „Terra Mater“ hat sich das Ensemble mit Sängerin Malena Ernman erweitert und bewegt sich auf den Spuren ‚reisender‘ Komponisten des 17./18. Jahrhunderts. Selten gespielte Werke bekannter aber auch weniger bekannter Schöpfer, dazu humorvolle Gesangsstücke von der britischen Insel. Lebhaft und perfekt eingespielt, Barock-Musik für’s Vergnügen.