Ohrenschmauch
Von Günter, 26.03.2025
THE SELDOM SCENE/ LISA HARRES/ CURTIS STIGERS/ KELELA/ TAMINO/ FRIGG/ SIMIN TANDER
Diese 5 Herren sind fast so lang im Geschäft wie die Stones. Trotzdem kennt sie hier kaum jemand, denn THE SELDOM SCENE sind eine ur-amerikanische Band und spielen Folksongs und Bluegrass. Mit Kontrabass, Mandoline, Banjo, und 2 Gitarren halten diese älteren Semester eine Tradition lebendig, in 11 Titeln, von denen sie keinen selbst verfasst haben, sondern bedienen sich bei z.B. Dylan oder Woody Guthrie. Handwerklich perfekt und gekonnt intoniert, wenn m/f es mag.
Sehr viel ruhiger lässt es LISA HARRES auf ihrem „Time as a Frame“ angehen. Die Berliner Multi-Künstlerin trägt ihre Anliegen mit minimalster Instrumental-Begleitung und gedämpfter Stimme vor. Sehr getragen, fast sakral, ohne Seitenblick auf grosse Publikums-Wirksamkeit. Eher ein Sound-Experiment für EntdeckerInnen.

MTV Unplugged war gestern, viel zu viel Aufwand. Das geht auch zuhause in der Küche dachte sich CURTIS STIGERS. Mit ganz kleiner Ausrüstung oder ganz allein stellt er auf „Songs from my Kitchen“ 11 neue Titel bzw. Adaptionen fremden Schaffens vor. Sehr entspannt singt er seine neuen Werke. Wenn es dabei mal nicht um ‚In and out of Love‘ geht, dann zumindest um persönliche, zwischenmenschliche Geschichten, die er dann und wann mit seiner Saxofon-Arbeit garniert. Keine Ahnung wie alt er ist, aber bekannt ist er seit mindestens 30 Jahren, deshalb sage ich hier: Ein reifes Alterswerk. Und nein, seine Hits sind nicht drauf!

Ihr 3. ‚richtiges‘ Album hat KELELA Live im Blue Note aufgenommen. Dabei zeigt sie, dass sie nicht nur eine aussergewöhnliche Komponistin und Sängerin ist, sondern auch ernsthafte Entertainerin. Mit (wenig) Background Stimmen, noch weniger Drums, einem hervorragenden Mann am bundlosen Bass, einer Harfenistin und einem Tastenmann an seiner ‚Keyworld‘, bewegt sie sich sowohl durch bekannte und neue eigene Titel als auch durch fremdes Material. Ihre Mischung aus R’n’B und Soul Tonfall, bei der sie jede Art bekannter Stereotypen gekonnt umschifft, sich samt Band näher an Jazz oder Blues heran arbeitet zeigt, wie weit ihr musikalischer Horizont gefasst ist. Ärgerlich, „In the Blue Light“ erscheint nur in kleiner Auflage am Record Store Day (12.4.) und fällt damit in die Abteilung Jäger und Sammler.
Weitere ungewöhnliche Songs bietet TAMINO auf seinem „Every Dawn’s a Mountain“. Er begleitet sich vorwiegend im Alleingang auf der Oud, die Töne der Saiten fallen einzeln wie Tropfen, ergeben dabei jedoch so simple wie schöne Harmonien. In ruhigem Ton und sonorer Stimme zelebriert er die Worte, lediglich beim Duett mit Mitski wird es rhythmischer aber kein bisschen weniger schön.
FRIGG agieren im Sextett komplett akustisch, auf „Dreamscapes“ kommen noch 2 Gäste (Cello/Perkussion) und ein Sound Designer, der die 3 ‚Fiddles‘, Harmonium, Keys, Bass, Mandoline und Zitter ins Gleichgewicht setzt, dazu. Ein Dutzend eigene Stücke, die aus der nordischen Tradition, sowohl textlich als auch musikalisch, schöpfen und diese in ausgesprochen moderner Spielweise interpretieren. Das reicht von ambienten Klängen bis zu jazzigen Improvisationen. Wie sagte ich vergangene Woche: Die spinnen die Finnen, aber positiv!

Schon die Besetzung ist ungewöhnlich. Bass, Drums und Violine plus Sängerin SIMIN TANDER. Als ginge es darum, mit möglichst wenigen Tönen maximale Wirkung zu erzielen, bleibt der Hintergrund sparsam, aber effektiv, lässt der Sängerin grenzenlose Möglichkeiten ihre Texte in verschiedenen Sprachen und Stimmungen mit erkennbar arabischem Unterton vorzutragen. „The Wind“ ist zeitgemässer Vocal-Jazz vom Allerfeinsten