Ohrenschmauch
Von Günter, 16.04.2025
MAYA FADEEVA/ EMIL BRANDQVIST TRIO/ GOLEINE/ LUNA SOUL/ BEIRUT/ JULIE DRISCOLL, BRIAN AUGER & THE TRINITY/ GIL SCOTT-HERON

Los geht’s mit etwas oberflächlich sommerlich Leichtem. MAYA FADEEVA bietet auf ihrem „Edge of Eden“ lässige Grooves und überzeugenden Gesang. Dabei befassen sich ihre selbst verfassten Texten bevorzugt mit dem Überwinden innerer Ängste und mögliche Reaktionen auf Verunsicherungen von aussen. Bleib bei Dir und lebe Dein Ding liesse es sich zusammenfassen. Für die gekonnt fliessenden Tempi, komplett geschickt programmiert und immer wieder durch ‚richtige‘ Instrumente angereichert, sorgen die Herren, die schon sehr erfolgreich mit ihrem Club des Belugas und Jojo Effect unterwegs waren. Entsprechend finden sich unter den 9 Tracks neben Soul infizierten Balladen, karibischen und brasilianischen Klängen auch typische Electro-Swing Muster.

Ebenfalls ‚leicht zu hören trotz grosser handwerklicher Finesse‘ kann ich dem neuen Album des EMIL BRANDQVIST TRIO attestieren. 13 weitere selbstgeschaffene Titel dieser Combo, deren Anführer der Drummer ist. Das bedeutet bis heute nicht Trommeln etc, ohne Ende, er legt seine raffiniert ausgeführte Kunst geschickt unter und um die Töne seiner Mitstreiter herum. Aus reichlich Erfahrung weiss er, dass Bassmann Max Thornberg und Pianist Tuomas Turunen auf die gegebenen Rhythmen harmonische Figuren und ein schon lange trainiertes Wechselspiel bauen, dass den spezifischen Sound dieses Dreiers kennzeichnet.

GOLEINE- das sind 3 Liedermacher und eine –In, M. Roloefs, P. Willems, Ph. Breidenbach und Charlotte Haesen, wer so viele Namen auf’s Cover druckt, braucht keinen Titel. Alle 4 schreiben, alle 4 singen, mehrstimmig oder auch allein. Dazu filigran gebastelte Melodien und sparsam eingesetzte Instrumente, Kontrabass, Gitarre und Piano. Keine Anpassung an irgendwelche Modernismen, in der Machart eher wie ganz frühe Simon & Garfunkel, doch in weit jazziger ausgeführter Fingerfertigkeit. Themen aus den eigenen Leben, die die Hörenden nachvollziehen können, in lyrischen Formulierungen und nicht geradlinig verlaufenden Rhythmen.
Das war Benelux. Wer es anglo-amerikanischer braucht, sollte den „First Move“ von LUNA SOUL versuchen. Sie, Lisa Michèle Lietz, singt, er Jordi Arnau Rubio spielt Gitarre. Bass, Keys und Drums komplettieren die Band, die den Sound der späten 70er ziemlich gut trifft. 10 neue Songs, Retro Konstruktion in Jetztzeit Produktion. Kompakt stramme Rhythmusgruppe statt programmierter Beats, lediglich gelegentliche Streicher kommen aus der ‚Dose‘. Klare Harmonien, die passende Intonation von Sängerin Lisa und die trockene, unaufdringliche Produktion, für die Joel Sarakula die Verantwortung übernahm, lassen „First Move“ wie ein UFO aus fernen Galaxien erscheinen, das gerade rechtzeitig den Weg zu unserem Planeten gefunden hat.
„A Study of Losses“ heisst das neue Werk von BEIRUT. Eine Auftragsarbeit für ein schwedisches Akrobaten-Ensemble. 18 Tracks, davon 7 Instrumentals, aus der sehr weit gefassten Welt des Zach Condon, wie er bürgerlich heisst. Thematisch geht es um das Verschwinden, Aufbewahren und die Vergänglichkeit, musikalisch bietet er Ambientes, klassisch Angehauchtes und Songs. Hier kommt kein Anspieltipp, es gilt entweder ganz oder gar nicht.
Muss ich einfach erwähnen. Seit kurzem neu aufgelegt, das Doppel-Album „Streetnoise“ von JULIE DRISCOLL, BRIAN AUGER AND THE TRINITY. Das letzte gemeinsame Werk der Ausnahme-Sängerin und der Band des legendären Keyboarders. Trotz vorhergehender Welthits bietet diese Platte komplexe Popmusik mit kritischen Texten, instrumental so virtuos wie inspiriert und Jazz orientiert gesungen. Sollte m/f hören!
Und kurz. Am Record Store Day gibt’s in begrenzter Vinyl Auflage „Moving Targets“, das 1982er Album von GIL SCOTT-HERON. Eigentlich auch Pflicht-Kenntnis.