Presseausweis
Von Stefan Bergmann, 12.09.2018
Die Politik ist ja eher kurzatmig unterwegs
Die Politik ist ja eher kurzatmig unterwegs - von Wahl zu Wahl. Und sie baut oft auch darauf, dass sich niemand mehr so richtig daran erinnert, was vor ein paar Jahren war.
Zum Beispiel, wenn die SPD die Schuld für das Stadtwerke-Geschäftsführer-Desaster an Oberbürgermeister Markus Lewe weiterreicht. Nun gut, er hätte wirklich früher eingreifen müssen. Jetzt muss Aufsichtsratschef Alfons Reinkemeier aufräumen. Er schlägt vor, beide Stadtführer (und nicht nur einen) an die Luft zu setzen. Schließlich ist es schlechterdings unmöglich, dass ein Streit zwischen zweien nur von einem ausgetragen wird - und der andere gänzlich unschuldig ist.
Die CDU und SPD (und vielleicht auch die Grünen) sind nun entrüstet, dabei waren sie es, die im Jahr 2013 versagt haben. Und jetzt sind wir an dem Punkt, das die aktuelle Politik gerne mal amnestisch unterwegs ist. Denn es ist der Rat der Stadt selbst, der die jetzige Situation verursacht hat.
So hat die SPD gemeinsam mit der CDU dafür gesorgt, dass 2013 Andreas Hoffknecht gefeuert wurde. Er leitete gemeinsam mit Henning Müller-Tengelmann die Stadtwerke. Beide waren zerstritten, hieß es damals. Doch nur einer musste die Zeche zahlen, Hoffknecht fiel aus allen Wolken. Kurz danach sorgte die SPD dafür, dass der (CDU-)Aufsichtsratschef Stefan Weber gehen musste. Warum? Weil sie es konnte. Echte Gründe gab es nicht. Jetzt, fünf Jahre später, sollte der Hoffknecht-Nachfolger Dirk Wernicke geopfert werden, denn wieder gab es Streitigkeiten an der Stadtwerke-Spitze. Doch da spielte der Aufsichtsrat nicht mehr mit. Jetzt fliegen beide, glaubt man den Nachrichtenquellen.
Wenn Politik versucht, Unternehmen am Markt zu lenken, endet das manchmal im Desaster. In meiner zweiten Heimat Emden sind drei - Politik-gesteuerte - Kliniken faktisch pleite. Wichtige Entscheidungen wurden nicht getroffen, dafür fleißig Wahlen gewonnen. Wenn ein Aufsichtsrat bei seinen Entscheidungen politisches Kalkül und Macht-Verteilungs-Fragen mehr berücksichtigt als markt-ökonomische Gründe, wird’s schwierig. Der müntersche Rat - in seiner Gesamtheit - hat die jetzige verfahrene Situation bei den Stadtwerken mit verschuldet. Durch Inkonsequenz, durch Wegschauen, durch Pöstchen-Geschacher.
Wer bitte wagt sich als potenzieller neuer Bewerber jetzt noch nach Münster?