Von Stefan Bergmann, 20.03.2024

Ein Video spukte neulich ...

... durchs Netz: Ein Wolf wurde in Münsters Osten gesehen. Er lief über eine Wiese, zu sehen waren Sträucher, ein Feldweg, ein Gehöft.

1835 wurde der letzte Wolf im Münsterland geschossen, es war in Herbern, einem Dörfchen halbwegs zwischen Münster und Dortmund. Man war so froh über den Abschuss, dass man flugs eine Gaststätte danach benannte: „Zum letzten Wolf“.

Derlei - also das Abschießen - dürfte heute nicht mehr so schnell passieren. Denn der Wolf steht unter Artenschutz, und zwar unter strengstem. Was das Münsterland nun vor sich hat, kann man hier in Ostfriesland am Deich, wo ich inzwischen meist lebe, schon seit langem beobachten: Wolfsgegner und Wolfsfreunde streiten unversöhnlich. Nutzviehalter posten fast wöchentlich Bilder von gerissenen Schafen, Pferden und Kühen. Die Landesregierung, rot-grün, tut sich schwer mit dem Wolf. Die Grünen schreien Hurra, die Roten ducken sich weg. Nur die CDU, die Jägerschaft und andere Gleichgesinnte fordern, den Wolf ins Jagdrecht mit aufzunehmen. Das Ergebnis wäre: Er dürfte geschossen werden, wo er Probleme bereitet. In Ostfriesland leben einige Rudel und ein paar Einzelwölfe. Und man muss zugeben: Das Gefühl, abends allein durch die Felder joggen zu gehen, war schon einmal ein besseres. Inzwischen hat die Bevölkerung gemerkt, dass sie mit grüner Naturromantik nicht viel anfangen können. Zu groß ist die Angst, dass der Wolf die Deichschafe reißt, in Ställe eindringt, Pferde erlegt und Menschen verschreckt.

Reißt ein Wolf ein Schaf, musste es bisher eine DNA-Analyse geben, um beweisen zu können, dass der Täter auch wirklich ein Wolf war. Das kostete mitunter Wochen - und viele Schafe. Von den Weidetierhaltern wird gefordert, Wolfsschutzzäune zu errichten und Wachhunde anzuschaffen. Fehlen diese, soll es künftig keine Entschädigung mehr geben für gerissene Tiere. Die Menschen höhnen: Wieviel Hundert Kilometer drei Meter hohe Zäune soll man den wohl errichten? Und wie zäunt man Schafe auf einem Deich ein?

Seit Rotkäppchen haben Menschen Angst vorm Wolf. Ja, er war Jahrtausende heimisch in Deutschland. Aber auch ja: Er kommt jetzt zurück in eine Kulturlandschaft. Wie soll das gehen? Man sollte die Probleme klar benennen und lösen. Und zwar noch bevor das erste richtige Rudel in Münster auftaucht. – Stefan Bergmann

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