Presseausweis
Von Ruprecht Polenz, 12.10.2022
Erpresser versprechen:
Wenn Du das bezahlst, hast Du Ruhe. Aber spätestens, wenn das Geld verbraten ist, kommt die nächste Forderung, und dann die nächste. Und Du zahlst und zahlst und zahlst. - Das ist so vorhersehbar, wie in der Kirche das Amen. Deshalb gilt: Du darfst Dich nicht erpressen lassen.
Das gilt auch für eine Drohung mit Atomwaffen
Von Anfang an hat Putin seinen Überfall auf die Ukraine auch mit der Drohung an den Westen begleitet, er könne Nuklearwaffen einsetzen, wenn der Westen die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung unterstütze. Der Westen hat sich zum Glück davon nicht beeindrucken lassen, und die Ukraine auch nicht. Nach anfänglichem Zögern liefert auch die Bundesregierung Waffen und nicht nur die zu Beginn angekündigte 5.000 Helme.
Mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson hat Putin jetzt noch einen draufgesetzt, um seine Drohung noch bedrohlicher klingen zu lassen. Er behauptet, mit dieser Annektion seien diese Regionen zu Russland geworden, obwohl beträchtliche Teile davon gar nicht von russischen Truppen besetzt sind, sondern nach wie vor von der Ukraine kontrolliert werden.
Damit macht er die Befreiung jedes ukrainischen Dorfes zu einem direkten Angriff auf Russland. Und da sagt die russische Nuklear-Doktrin, dass Atomwaffen eingesetzt werden könnten, wenn Russland direkt angegriffen würde und die Sicherheit des Landes bedroht wäre.
Aber niemand greift russisches Territorium an.
Seit der Annexion und unbeeindruckt von Putins nuklearem Gerassel hat die Ukraine weitere besetzte Gebiete ihres Landes in den vier Regionen zurückerobert. Denn gegen nukleare Drohungen hilft es nicht, nachzugeben. Putin hat ja nicht einmal versprochen, aufzuhören, wenn er mit der Ukraine seinen Willen bekommen würde. Im Gegenteil. Er will eine „neue Weltordnung“, in der nicht mehr das Recht der Charta der Vereinten Nationen gilt, sondern in der es heißt: der Stärkere bekommt, was er will.
Gegen nukleare Drohungen hilft nicht Nachgeben, sondern nur Abschreckung. Präsident Biden hat Putin davor gewarnt, einen Nuklearkrieg für „führbar“ zu halten: „Ich glaube nicht, dass man einfach eine taktische Nuklearwaffe einsetzen kann, ohne dass das zu einem Armaggedon führt.“
Die Glaubwürdigkeit dieser Abschreckung wird durch die Härte der gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen unterstrichen. Weil die abgebrochenen Wirtschaftsbeziehungen für beide Seiten vorteilhaft waren, verursacht ihre Beendigung jetzt auch Wohlstandsverluste bei uns: steigende Energiepreise, Inflation.
Das gibt Putin zu verstehen: der Westen meint es ernst.
Folgte man Sarah Wagenknecht, der AfD und anderen, und würde die Sanktionen beenden, würde man den Erpresser Putin zu weiterer Eskalation geradezu ermutigen. - Ruprecht Polenz