Presseausweis
Von Stefan Bergmann, 06.09.2017
Es ist dass alljährliche Ritual:
Es ist dass alljährliche Ritual: Die freie Kulturszene buhlt um die städtischen Zuschüsse. Und alle schauen neidisch auf die städtischen Bühnen, die Jahr für Jahr eine zweistelligen Millionenbetrag abziehen. Dazu kommen viele kleine und große Institutionen. Vom Bennohaus bis zum Rosenmontagsumzug. Alle wollen Geld, alle kriegen Geld. Alle sagen: Damit machen wir Kultur. Also gebt uns bitteschön das Geld.
Thomas Grollmus. Sieben Mitstreiter. Sie alle haben sich mal in einer Halle am Nienkamp kennengelernt. Machten dort Musik. Unterrichteten. Tanzten. Malten wohl auch. Dann kam Hengst, kaufte die Halle. Der „Spirit“ war perdu. Die Gruppe obdachlos. Auch Sie hatten kein Geld. Doch sie gingen einen anderen Weg als den zur Stadt, um sich zu helfen.
Es passierte, was wohl Münster-weit, vielleicht aber auch bundesweit einmalig ist: Die Acht beschließen, ein eigenes Kultur-Quartier zu bauen. Auf eigene Kosten. Ohne Bankkredite (nur das Grundstück wurde von einer Bank finanziert, die sich auf ökologisch-soziale Projekte spezialisiert hat). Ohne städtische Zuschüsse. „Wir wollen unabhängig sein“, sagt Grollmus. Und obwohl er es am Telefon sagt, spürt man seinen Stolz. Er wiegelt ab, „wir sind halt nur die frechste Baustelle Deutschlands“. An der Rudol-Diesel-Straße, gleich neben TÜV und McDonalds, entsteht nun seit März ein ökologisches Holzhaus. Mit Räumen für Seminare, für Konzerte. Mit einem Garten. Bezahlt mit dem Geld aus der Gruppe, dazu kamen Privatdarlehen – und viele Spender, die kleinere oder größere Geldbeträge überweisen. Rund 700.000 Euro sind bisher investiert.
„Wir wollen zeigen, dass die Kulturszene auch selbst mal etwas machen kann“, sagt Grollmus.
Am nächsten Sonntag nun (17. September, 14 Uhr), weihen die Acht den ersten Bauabschnitt ein. Alle Gäste sind willkommen.
Monatelang hatten sie sich mit Bauvorschriften herumgeschlagen. Mit Behörden. Mit Gesetzen und Kontrolleuren. Haben nach Baumaterialien gesucht, die gut und bezahlbar sind. Grollmus spielt Gitarre in seiner Band „Hiss“, und wurde nebenbei schnell zum Bauherrn.
Es ist gut ausgegangen. Zwar erst 2020 wird der gesamte Komplex fertig sein. Doch ab nächsten Sonntag schon können sich Kulturschaffende im Kultur-Quartier einmieten. Tageweise, stundenweise. Zum Selbstkostenpreis.
Irgendwie verrückt. Die wollen einfach kein Geld verdienen.