Presseausweis
Von Stefan Bergmann, 14.06.2023
Es ist erstaunlich ...
... dass es nicht schon früher passiert ist: Eine Familie, die für ihr dreijähriges Kind keinen Kita-Platz bekam, ist vors Verwaltungsgericht gezogen - und bekam Recht. In Deutschland und damit auch in Münster gibt es seit 2013 den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Doch die Stadt ist nicht in der Lage, diesen zu erfüllen. 1700 Kinder (und damit Familien) gingen im diesjährigen Verfahren leer aus.
Es ist ein Dilemma, für das es keine einfachen Lösungen gibt - auf allen Seiten nicht. Kinder werden nicht gefördert, Eltern können nicht arbeiten gehen, sondern mindestens ein Elternteil (und meistens ist es die Frau) sitzt zuhause und spielt mit Bauklötzen oder Barbies, anstatt arbeiten gehen zu können. Es ist ein realer Lohnverlust für die Familie, ein Verlust für den Arbeitsmarkt, eine Einschränkung für den betroffenen Partner - und die Kinder wären wohl auch lieber unter ihresgleichen, anstatt zuhause zu sitzen.
Man könnte die Stadt dafür kritisieren, dass sie es innerhalb von elf Jahren immer noch nicht geschafft hat, ein Gesetz zu erfüllen und genügend Plätze zu schaffen. Wenigstens wenn es darum geht, genügend Gebäude zu bauen. Dass die in Münster wegen des High-End-Münster-Anspruches vergleichsweise teurer sind als in anderen Städten, hilft auch nicht wirklich bei der Linderung der Not. Dass es aber nicht genügend Frauen und Männer gibt, die den Job machen wollen - dies Problem ist kein hausgemachtes. Fachkräftemangel gibt es seit Jahren überall, und seit Jahren wird davor gewarnt. Doch nichts ändert sich. Das hat auch damit zu tun, dass die Arbeit von Erzieherinnen gemeinhin kaum wertgeschätzt wird und man sich fragt, warum man sich diesen Beruf antun soll? Hinzu kommt, dass mit einem Brutto-Lohn von 2800 Euro (NRW) die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Davon kann man keine Familie ernähren.
Und so sind es in Münster die gleichen Fehler wie überall: Zu wenig Geld, zu wenig Anerkennung.
Wie passen da eigentlich die 300 Millionen Euro ins Konzept, die die Stadt für den Musikcampus ausgeben will? Aus denen bis Baubeginn bestimmt eine halbe Milliarde Euro werden (ein paar Zuschüsse abgerechnet)? Richtig. Gar nicht. – Stefan Bergmann