Von Stefan Bergmann, 12.06.2024

Es war ein typisch...

... münstersches Wahlergebnis: Die Grünen stärkste Partei (und das in einer Stadt die Jahrzehntelang CDU-Hochburg war. Aber hey, war ja nur Europawahl. Da kann man sich mal was trauen!), die AfD unter fünf Prozent. Hach wie schön, wir sind wieder der Primus! Fast so wie Freiburg, Münsters Möchtegern-Zwillingsstadt im Süden. Nur dass dort die AfD leicht über fünf Prozent lag. Versager!

Der Politikwissenschaftler Oliver Treib, am Montag in den WN zitiert, wunderte das Münster-Ergebnis nicht, und auch nicht, dass rund um Münster die AfD zum in manchen Orten bis zu 15 Prozent holte.

Sind die alle dumm? Sind die alle rechtsextrem, diese Landwähler, auf ihren Traktoren, die ein Schützenfest für das kulturelle Highlight des Jahres halten und denen die CDU zu liberal ist?

Es war leider schon immer so: Grün zu wählen, muss man sich leisten können. Wenigstens wenn man dann auch grün leben will. Und erstaunlich viele viele Grünen-Wähler müssen sich nicht mit dem Ungefähren der Privatwirtschaft herumschlagen. Denn sie sind einfach im öffentlichen Dienst, mithin Ihr Erwerbsleben lang sicher. Ihnen kann keiner.

Das E-Auto kostet Unsummen, die Photovoltaikanlage auch, das Einkaufen im Bio-Markt ist teuer, faire Kleidung ebenso. Natürlich kann man auch mit kleinem Geldbeutel im Herzen grün sein. Aber will man konsequent so leben, wird es eng.

Treib drückt es so aus: In Städten wie Münster sind die Menschen jung, überdurchschnittlich intelligent, wohl situiert. Und auf dem Land?

Der bundesweite Erfolg der AfD heißt nicht, dass die Wähler alle rechtsradikal sind. Aber es heißt, dass viele von Ihnen die Streitereien, die Planlosigkeit und die Ego-Shows in Berlin satt haben. Soziales, grüne Ideen und dazu wirtschaftlicher Sachverstand - es hätte eine Traumkombi sein können. Grüne Ideen sind meistens teuer, und man sie sich kaum leisten mit dem Kassierin-Durchschnitsgehalt. Einer sagte mir am Montag, die Menschen - und auch die Jugendlichen - leben in Zukunftsangst, weil es die aktuelle Regierung den Eindruck vermittelt, sie wisse nicht, was sie tut. Und wenn sie etwas tut, tut sie es schlecht und schüchtert die Menschen ein. Da kann man ja mal die AfD wählen. Ist ja nur Europa.

Nein. Kann man nicht. Und es wird trotzdem getan. Münstersche Feierstimmung ist völlig fehl am Platz. Aber Solidarität mit dem Umland war noch nie eine münstersche Stärke. – Stefan Bergmann

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