Presseausweis
Von Marit Schnackenberg, 22.05.2024
Keine Lust mehr über die Covidzeit zu sprechen?!
Wie ein kalter Schauer: Ich bin seit der Covidzeit vollkommen desillusioniert vom Politikbetrieb.
Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass sich in Deutschland Politikerinnen und Politiker, Behördenleiter und Ämter, Schulleiter und Gerichte zusammen mit den Medien innerhalb so kurzer Zeit so stark verbinden in der Ausgrenzung und Diffamierung Andersdenkender.
Es gab einen Moment zu Beginn der Verbote und Verordnungen, da hatte ich das Gefühl ganz allein dazustehen. Ab Mai 2020 dann brachte mich eine Petition, die ich ins Netz stellte, in Kontakt mit Menschen, die auch Fragen hatten. Mein Hauptaugenmerk galt den Verboten und Zwängen, denen die Kinder ausgesetzt waren.
Die Zeit wurde extremer, der Ausschluss und die Ausgrenzungen intensiver, gleichzeitig entstanden Netzwerke und Initiativen[1] inmitten meines bürgerlichen-akademischen münsterschen Umfelds.
Susanna Wüstneck aus Billerbeck ist eine der neuen Bekannten, die ich in dieser Ausnahmezeit kennenlernte. Wir waren „Freunde“ eines „Freundes auf Facebook“ und kamen so in Kontakt. Wir sahen unsere Texte und konnten uns als unbekannte Bekannte herantasten, in welchem Ton, in welcher Melodie die Texte schwangen.
Die Musikerin, Dichterin und Filmemacherin gehörte zu denen, die mir mit ihren Facebook-Einträgen ohne es zu wissen, Mut machte, mich nicht zu verstecken mit meiner Kritik an den Verboten auf Spielplätzen, in Kitas, Grundschulen und weiterführenden Schulen.
Am 28. Januar 2024 traf ich Susanna dann erstmals persönlich bei der Aufführung ihres Films „Kein Brot ohne Spiele“ im Kino in Münster (Cinema) und stellte mich ihr vor. Es brauchte kein langes Gespräch, hatten wir uns doch schon zu so vielen verschiedenen Themen als unbekannte Bekannte ausgetauscht.
Jetzt im Mai 2024 veröffentlichte Susanna ein sehr persönliches Buch: Lagerfeuerphilosophen – Gespräche im Lockdown[2]. Es sind Gesprächsprotokolle aus der Zeit der Verordnungen und Verbote von April 2020 bis April 2022.
Das Buch ist ein Zeitzeugnis. Anekdoten, Hoffnungen, aber auch Trauer und Wut aus Gesprächen mit Freunden und Familie während der Zeit der Verbote & Verordnungen sind zusammengestellt. Dazu kommen persönliche Meinungen und Äußerungen von Politikern, TV-Moderatoren. Letztere erreichten in der Covidzeit durch Zeitungen und TV eine breite Öffentlichkeit, die Lagerfeuergespräche blieben leise.
Ein befreundeter Zeitungsautor sagte mir einmal, als ich ihn für seinen Meinungsartikel lobte, dass es ihn freue, aber dass es natürlich leicht sei, mich für den Artikel zu gewinnen, da ich die Meinung ja teilen würde. Wenn durch seinen Text jedoch einige Wenige eine veränderte Perspektive einnehmen könnten, dann wäre das ein ganz besonderes Lob für ihn. Wenn es ihm gelänge eben nicht nur die Abonnenten zu bedienen, sondern auch von denen gelesen zu werden, die seine Meinung nicht teilen, aber seine Argumentationskraft und Besonnenheit und Fairness schätzten.
In ihrem Buch Lagerfeuerphilosophen – mehr noch in ihrem Film „Kein Brot ohne Spiele“ aber auch in ihrer Musik und ihren Posts auf Facebook bietet Susanna eine solche Möglichkeit der veränderten Perspektive[3].
Ihr ausgewogener Umgang mit Worten, Musik und bewegten Bilder schafft Vertrauen, einen Einblick in die Welt Andersdenkendender abseits der breiten Öffentlichkeit zu wagen.