Von Ruprecht Polenz, 13.09.2017

Provozieren, um Aufmerksamkeit zu erregen, dann etwas zurückrudern

Provozieren, um Aufmerksamkeit zu erregen, dann etwas zurückrudern - und dann das Ganze wieder von vorn. Das ist, knapp zusammengefaßt, die Strategie, mit der es der AfD in den Jahren nach Sarrazin gelungen ist, die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts zu verschieben.

„Entsorgen“ solle er nicht mehr sagen. Das hätten ihm kluge Menschen geraten. Aber nach Ostanatolien solle die deutsche Staatsbürgerin und Integrationsbeauftragte Aydan Özogus, MdB, schon verschwinden, sagt der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland vor johlenden Anhängern in Potsdam. Menschen wie Müll behandeln, Deutsche ausbürgern - man kann in Deutschland wieder so reden wie 1933.

Die zweite Spitzenkandidatin der AfD hatte letzte Woche ihren großen Auftritt, besser gesagt Abgang, als sie eine ZDF-Talkshow verließ. Nicht spontan, sondern sorgfältig kalkuliert und vorbereitet. Dass Alice Weidel diesen Eklat herbeiführen würde, stand vor der Sendung fest, wie die unmittelbar danach veröffentlichte AfD-Pressemeldung belegt. Darin werden die angeblich unfaire Moderatorin und Angriffe von SPD und Grünen als Begründung für den Abgang angegeben. Dumm nur, dass Weidel tatsächlich ging, als sie vom CSU-Generalsekretär aufgefordert wurde, sich von den rechtsradikalen Höcke und Gauland zu distanzieren.

Wenn man der AfD die provozierte Aufmerksamkeit nicht schenken würde, liefen die Provokationen ins Leere. Man täte der AfD nur einen Gefallen, wenn man darauf reagiere.

Ich denke nicht, dass dies in unserer Medienwelt eine machbare Empfehlung ist. Wenn eine Million Fernsehzuschauer einen Eklat gesehen haben, ist unvermeidbar, dass das in den Medien und im Netz kommentiert wird.

Es bleibt deshalb nur, der AfD deutlich zu widersprechen, ihre Strategie zu entlarven und vor den Konsequenzen ihrer Politik zu warnen. Dort, wo die AfD vorhandene Ängste der Bürger verstärkt, um daraus politischen Honig zu saugen, muss verantwortliche Politik nach Wegen suchen, den Menschen diese Sorgen zu nehmen.

Wir Menschen haben gute und schlechte Seiten, niedrige Instinkte und hehre Gefühle. Weil Menschen zu diesen Gedanken und Haltungen fähig sind, muss besonnene Politik an die gute Seite im Menschen appellieren und diese stärken. Es ist wie mit der Geschichte vom guten und vom bösen Wolf. Es gewinnt der, den Du fütterst. Mit der AfD haben wir eine rechtsradikale Partei, die die schlechten Seiten und niedrigen Instinkte in den Menschen hervorholt und politisch ausnutzt. Weil wir auch solche Seiten haben, ist die AfD so gefährlich.

Bei den letzten Wahlen blieb die AfD in Münster unter 5 Prozent. Sorgen wir dafür, dass das am 24. so bleibt. Wenigstens bei uns in Münster.

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