Presseausweis
Von Arno Tilsner, 27.09.2017
Über 82% Wahlbeteiligung und der einzige Wahlkreis in Deutschland,
Über 82% Wahlbeteiligung und der einzige Wahlkreis in Deutschland, in dem die rechtsradikale AfD weniger als 5% der Stimmen für sich gewinnen konnte: Münster!
Wohlstand, Bildung und Kultur prägen die Stadt, in der viele Menschen (und immer mehr) gerne leben und arbeiten. Dazu kommt eine Tradition des politischen Diskurses über Parteigrenzen hinweg auf der - bei allen sonstigen Unterschieden - gemeinsamen Grundlage, Minderheiten NICHT auszugrenzen. Wir haben allen Grund, uns auf die Schultern zu klopfen.
Allerdings nicht zu lange, denn nach der Wahl ist vor der Wahl. Wir haben als Stadtgesellschaft bis zur nächsten Bundestagswahl nur 4 knappe Jahre Zeit, um diesen außergewöhnlichen Münstertrend zu bestätigen. Wo wir ansetzen müssen lässt sich von einer interaktiven Karte ablesen (s. wn.de). Sie informiert uns, wie am Sonntag in Münsters Wahllokalen abgestimmt wurde. Denn in der vergrößerten Ansicht einzelner Wahllokale wird die AfD-kleiner-5%-Meldung nicht überall in Münster bestätigt.
Nicht im Stimmbezirk 236 (Hogenbergstraße) mit 21,9 % Zweitstimmen für die AfD (2013 17,1%),
nicht im Stimmbezirk 223 (Bachstraße) 18,0% (2013 11,6%),
nicht im Stimmbezirk 161 (Dachsleite) 14,8% (2013 13,6%),
oder im Stimmbezirk 222 (Theodor-Heuss-Straße) 14,2% (2013 11,1%),
auch nicht im Stimmbezirk 141 (Kinderhaus Zentrum) 12,4% (2015 9,5%),
um nur die Plätze 1-5 in Münsters AfD-Ranking auf Stimmbezirksebene zu nennen.
Wenn wir nicht auf weitere Zugewinne für die AfD 2021 warten wollen, sollten wir unverzüglich genauere soziologische Erkenntnisse über die örtlichen Millieus in den Stimmbezirken erheben, auf denen bis zu 22% - also überdurchschnittlich viel - Zustimmung für eine rechtradikale Partei gedeiht, die es einen Kilometer entfernt nicht über die 5% Hürde schafft. Was ist denn da los, in Münsters Peripherie? In Berg Fidel, am Ende des Albersloher Wegs, in Coerde und Kinderhaus?
Nach Meinung der Münsteraner*innen liegen dort die sozialen Brennpunkte der Stadt, so jedenfalls gaben es Befragte 2008 für das Münster Barometer zu Protokoll. Wir haben also alle zugeschaut, wie die sozialen Grundlagen weiter bestehen für ein Anwachsen der AfD-Zustimmung im Stimmbezirk Hogenbergstraße in 4 Jahren von 17,1% auf 21,9% und im Stimmbezirk Bachstraße von 11,6% auf 18,0%.
Anstatt weiter tatenlos zuschauen sollten wir als Stadtgesellschaft entschieden etwas für eine Trendumkehr tun. Es ist nicht länger unwidersprochen hinzunehmen, wenn gut situierte Münsteraner Intellektuelle gezielt sozial schwache Millieus zum Stimmenfang nutzen, um auf dieser Welle ihre völkisch-rechte Politik in die Parlamente zu tragen. Nutzen wir die kommenden 4 Jahre, bauen wir Münsters Brennpunkte mit vereinten Kräften zurück.