Presseausweis
Von Stefan Bergmann, 15.05.2024
Wenn „einzelne Personen ...
... oder studentische Gruppen, die behaupten, israelkritisch zu sein – aber tatsächlich das Existenzrecht Israels leugnen und damit ebenfalls antisemitisch agieren“, dann ist das was? Na klar, Antisemitismus. Also jene völlig irrationale Ablehnung eines ganzen Volkes aufgrund angeblicher Eigenschaften, die es haben soll und die anderen Völkern schaden.
Von wem stammt das Zitat? Es ist von Ludger Hiepel. Der Theologe ist seit Mitte vergangenen Jahres der Antisemitismus-Beauftragte der Uni Münster und wurde vom WN-Redakteur Martin Kalitschke befragt, wie sich Antisemitismus an der Uni äußert. Und Hiepel sagte auch, dass man wachsam sein müsse
Klare Frage, klare Antwort.
Wie passt aber nun die Entscheidung der Uni zu dieser Aussage, dass sie gegen die Teilnehmer einer Pro-Palästina-Demo, auf der antiisraelische Parolen gerufen worden sind, auf der angekündigt worden sein soll, Uni-Veranstaltungen zum Thema Antisemitismus zu stören - dass sie eben gegen diese Demonstranten keine Anzeige stellt?
Richtig. Gar nicht. „Wachsam sein“, sagt Hiepel. Wer ist in der Uni-Verwaltung wachsam? In diesem Fall offenbar niemand. Vermutlich werden die antisemitischen Parolen als „Ausrutscher“ gewertet. Und die Organisatoren des organisierten Ausrutschers, die Hochschulgruppe „dialinke.sds“ hat ja auch ein Gespräch angeboten. Dann ist ja alles fein. Wir reden ein bisschen, sagen „Dududu!“ und die Demonstranten versprechen, es nicht wieder zu tun.
Natürlich ist Kritik an der Politik des Staates Israel erlaubt. Natürlich auch an der Art und der Intensität der Kriegsführung im Gaza-Streifen. So lange man nicht vergisst, was der Auslöser war: Ein Gemetzel unter israelischen Männern, Frauen und Kinder am 7. Oktober durch die Hamas.
Dass Mord und Totschlag und Krieg kein humanistisch basiertes Mittel sind, um Konflikte zu lösen, versteht sich von selbst. Doch das interessiert die Testosteron-gesteuerten Kriegstreiber natürlich nicht. Und das alles darf man kritisieren. Man muss es sogar.
Doch wenn man die Abschaffung oder Auslöschung des gesamten Staates Israel fordert, dann ist es halt Antisemitismus, der mit Menschenwürde und Vernunft nicht zu vereinbaren ist. Und strafbar ist er natürlich auch, kommt er doch regelmäßig als Tatbestand der Volksverhetzung daher.
Warum also dürfen Studierende auf Uni-Gelände die Auslöschung Israels fordern, vielleicht sprachlich etwas verkleidet, aber letztlich doch klar in der Intention? Die Uni-Leitung brüskiert ihren eigenen Antisemitismus-Beauftragten mit dieser butterweichen und nicht nachvollziehbaren Haltung. Meinetwegen hätten sie die Anzeige zurückziehen können, bevor es zu einem Prozess kommt. Aber das Signal wäre nötig gewesen: Null Toleranz für Menschenfeinde. Egal von welcher Seite. – Stefan Bergmann