Von , 02.03.2016

Arno Tilsner

Arno Tilsner

Robert F. Kennedy, Jr. hat Montag vor einer Woche auf der amerikanischen Online-Plattform 'politico.com' einen Artikel veröffentlicht, dem er den Titel gab: "Why the Arabs Don’t Want Us in Syria - They don’t hate ‘our freedoms.’ They hate that we’ve betrayed our ideals in their own countries—for oil."
Nun ist Robert F. Kennedy, Jr. nicht irgendwer sondern der Sohn von Robert F. Kennedy, der Justizminister im Kabinett seines Bruders John F. Kennedy war und nach dessen Ermordung am 22. November 1963 fünf Jahre später selbst für das Präsidentenamt kandidierte. Unmittelbar nach seinem Vorwahlsieg in Kalifornien wurde Robert Kennedy Senior in der Nacht vom 4. zum 5. Juni 1968 im Ambassador Hotel von Los Angeles nach seiner Dankesrede an seine Wähler*innen von einem palästinensichen Einwanderer erschossen.
Sein Sohn schreibt einleitend zum o.g. Artikel: "In part because my father was murdered by an Arab, I've made an effort to understand the impact of U.S. policy in the Mideast and particularly the factors that sometimes motivate bloodthirsty responses from the Islamic world against our country."
Ich zitiere Kennedy hier deshalb, weil er den Syrien-Krieg in einen Begründungszusammenhang stellt über den er schreibst: "... many Arabs see the present crisis as just another proxy war over pipelines and geopolitics." Und weiter: "In their view, our war against Bashar Assad did not begin with the peaceful civil protests of the Arab Spring in 2011. Instead it began in 2000, when Qatar proposed to construct a $10 billion, 1,500 kilometer pipeline through Saudi Arabia, Jordan, Syria and Turkey."
Auch Quatar oder Katar, wie wir sagen ist nicht irgendwer. Katar (2,1 Mio Einwohner) ist der engste Verbündete Amerikas im arabischen Raum mit zwei großen Militärbasen und dem U.S. Central Command’s Mideast. Von hier aus werden alle US-Kriege in der Region dirigiert.
Im Jahr 2000 schlug Katar vor, eine Gaspipeline durch Saudi Arabien, Jordanien, Syrien bis in die Türkei zu bauen, um Erdgas aus dem größten Erdgasfeld der Welt nach Europa zu liefern und sich damit als Alternative zu russischen Gaslieferungen zu positionieren.
"In Putin’s view, the Qatar pipeline is a NATO plot to change the status quo, deprive Russia of its only foothold in the Middle East, strangle the Russian economy and end Russian leverage in the European energy market." (Kennedy)
2009 kündigte Bashar Assad an, dass er der Katar-Pipeline die Durchquerung des Syrischen Territoriums nicht gestatten würde, um die Interessen seines Verbündeten (Russland) zu schützen.
"Secret cables and reports by the U.S., Saudi and Israeli intelligence agencies indicate that the moment Assad rejected the Qatari pipeline, military and intelligence planners quickly arrived at the consensus that fomenting a Sunni uprising in Syria to overthrow the uncooperative Bashar Assad was a feasible path to achieving the shared objective of completing the Qatar/Turkey gas link." (Kennedy)
Zwei Jahre vor Beginn des arabischen Frühlings, schreibt Kennedy, unmittelbar nachdem Assad seine Zustimmung zum Katar-Pipeline-Projekt verweigert hatte, begann der US-Geheimdienst, in Syrien Oppositionsgruppen zu gründen. Geheimdienste und Militär waren der Meinung, ein sunnitischer Aufstand wäre geeignet, Assad in Syrien das Heft aus der Hand zu nehmen.
7 Jahre später sind hundertausende Syrer*innen getötet, Millionen geflüchtet, viele Städte und die Infrastruktur im Land sind zu Trümmerfeldern gebombt. Geheimdienste haben nicht nur einen sunnitischen Aufstand sondern ein eigenes sunnitisch-fundamentalistisches Staatsgebilde hervorgebracht, das sich über Teile Syriens und des Irak erstreckt.
Das Katar-Pipeline-Projekt ist deshalb seiner Verwirklichung nicht näher gekommen. Russland hat sich kurz vor Assads Fall von ihm um Hilfe rufen lassen, die eigenen Interessen selbst in die Hand genommen und gezeigt, dass seine Luftwaffe als industrieller Bombenwerfer der US-geführten Koalition in nichts nachsteht.
Tatsächlich werden weder Bomben noch Pipelines oder radikale Religionen den nächsten Generationen helfen, die Herausforderungen auf unserem Planeten zu meistern. Statt Bomben braucht es Diplomaten und Kinder gehören nicht auf die Flucht sondern in Schulen. Deutschland ist- geführt von Angela Merkel - diese Aufgabe mutig angegangen. Jetzt heißt es mit- und weitermachen! - Arno Tilsner


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