Von , 09.03.2016

Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz

Am kommenden Sonntag wird man nach Erklärungen dafür suchen, warum die AfD in drei Landtage gewählt wurde. Dass es dazu kommt, scheint sicher. Meinungsumfragen sehen die rechtsradikale Partei sogar zweistellig.
Es läge am Versagen der etablierten Parteien, wird behauptet werden. Vor allem habe der Umgang mit der Flüchtlingskrise die AfD gestärkt.
Nehmen wir beide Erklärungen zusammen: hätte Deutschland eine andere Flüchtlingspolitik gemacht, säße die AfD wahrscheinlich nicht in den Parlamenten. Das ist die These bzw. der Vorwurf an die etablierten Parteien.
Die These mag sogar stimmen. Aber wäre es richtig gewesen, Deutschland abzuschotten und möglichst keine Flüchtlinge ins Land zu lassen? So wie 2014, als über 200.000 den Weg übers Mittelmeer nach Europa fanden und mehr als 8.000 bei dem Versuch ertrunken waren. Wäre es richtig gewesen zu sagen: das ist nicht unser Problem? Nach den Dublin-Vereinbarungen ist es Sache von Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien, sich um die Flüchtlinge zu kümmern, die über das Mittelmeer kommen. Wir haben damit nichts zu tun.
Wäre es richtig gewesen, die deutsche Grenze zu schließen, als im August 2015 zehntausende Flüchtlinge auf der Balkanroute in Ungarn und Österreich gestrandet waren, und diese Länder mit dem Problem allein zu lassen?
Die AfD und ihre Wähler wollen genau das. Sie sehen die Flüchtlinge vor allem als Belastung und als Sicherheitsrisiko. Sie befürchten eine Überfremdung und "Umvolkung", die Islamisierung Deutschland und das Ende des "christlichen Abendlandes". Und da sie mit der Europäischen Union sowieso nichts am Hut haben, zählt ihnen auch europäische Solidarität nichts.
Deshalb möchte ich gerne festhalten: Wer die Flüchtlinge zuallererst als Menschen in Not sieht, denen geholfen werden muss, wer davon überzeugt ist, dass Politik auch moralischen Maßstäben zu folgen hat und dass Menschenwürde und Humanität für unser Zusammenleben zentrale Werte sind, der mag vielleicht das eine oder andere an Merkels Flüchtlingspolitik kritisieren. Aber er wird sie nicht wie AfD, Pegida & Konsorten in Bausch und Bogen ablehnen.
Dieser Preis durfte nicht bezahlt werden, nur um zu verhindern, dass die AfD in Parlamente einzieht.
Die Stärke der rechtsradikalen AfD rührt von den Menschen her, die sie unterstützen, nicht von Fehlern anderer Parteien. Ich kann mir keinen einzigen Grund vorstellen, der mich dazu bringen könnte, eine rechtsradikale Partei zu wählen.


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