Von , 20.04.2016

Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz

City-Maut auch für Münster? Flächendeckend Tempo 30? Die verkehrspolitische Diskussion nimmt Fahrt auf; wichtige Entscheidungen stehen an. Es wäre falsch, sie in einer Perspektive zu diskutieren, die an der Stadtgrenze endet.
Wäre Münster eine Insel in der Nordsee, könnte man wahrscheinlich ganz auf Autos verzichten. Münster hat über 300.000 Einwohner. Aber ohne den Einzugsbereich bis zur niederländischen Grenze, ins Emsland, die Münsterlandkreise und das nördliche Ruhrgebiet hätten wir viele der kulturellen Angebote, Einkaufsmöglichkeiten oder Arbeitsplätze nicht, die unsere Stadt besonders lebenswert machen. Wir leben auch davon, dass sich 1,5 bis 2 Millionen Menschen immer wieder nach Münster orientieren. Sie kommen zum Einkaufen, zum Arbeiten oder um die vielfältigen kulturellen Angebote in Münstr wahrzunehmen.
Das stellt die Verkehrspolitik der Stadt vor besondere Herausforderungen. Denn die meisten dieser Menschen, die aus dem Umland unsere Stadt besuchen, kommen mit dem Auto. Daran werden auch weitere Verbesserungen bei Bus und Bahn wenig ändern.
Wie läßt sich der Verkehr der "Auswärtigen" auf Münsters Straßen bewältigen? Münster will keine "autogerechte" Stadt werden. Schließlich verdankt die Stadt viel von ihrem Charme dem mittelalterlichen Stadtgrundriss, der in der Innenstadt immer noch ablesbar ist.
Deshalb muss es gelingen, dass möglichst viele Münsteraner, die nicht darauf angewiesen sind, ihr Ziel in der Stadt mit dem Auto zu erreichen, ihr Auto zu Hause lassen und auf Bus oder Fahrrad umsteigen. Die Förderung des Fahrradverkehrs dient auch dem Ziel, Münster für diejenigen erreichbar zu halten, die auf das Auto angewiesen sind, weil sie von auswärts kommen.
Als fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands hat Münster einen Anteil des Fahrradverkehrs von 40 Prozent. Viele Städte wären froh, wenn sie 10 oder 15 Prozent erreichen würden. Jetzt will Münster diesen Anteil auf 50 Prozent steigern. Ein richtiges Ziel, zumal durch E-Bikes die Möglichkeit besteht, dass statt der bisherigen durchschnittlich 8 km bis zu 20 km - lange Strecken nicht von der Benutzung des Fahrrads abhalten.
A propos fahrradfreundlichste Stadt: Nach einer Umfrage beurteilen 54 Prozent der Münsteraner das Verhalten der Radfahrer in Münster als eher rücksichtslos, während nur 27 Prozent dasselbe von den Autofahrern sagen. Es wäre doch schön, wenn die Radfahrer auch durch ihre Fahrweise zum Ruf Münsters beitragen würden: als freundlichste und rücksichtsvollste Fahrradfahrer Deutschlands.


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