Von , 01.06.2016

Ruprech Polenz

Ruprecht Polenz

Auf den ersten Blick kommt das Bürgerbegehren der Gewerkschaft Verdi gegen ein paar weitere verkaufsoffene Sonntage in Münster überraschend. Schließlich sind diese in vielen deutschen Städten und Gemeinden inzwischen aVerdi sich groß daran gestört hätte. Das gilt auch für die Städte im Münsterland oder im Ruhrgebiet.
Was macht Münster für Verdi so besonders, dass die Gewerkschaft eine Menge Geld in die Hand nimmt, um für ein Bürgerbegehren gegen die Ratsentscheidung zu trommeln? Könnte es sein, dass die SPD dahinter steckt, die der schwarz-grünen Koalition eine erste Niederlage bereiten will?
Nach jahrelanger Diskussion hatten sich CDU und Grüne darauf geeinigt, dem immer wieder vorgebrachten Wunsch des Einzelhandels nach einem verkaufsoffenen Sonntag im Advent zu entsprechen. Die SPD wurde überstimmt. Mit einem Bürgerbegehren könnte sie die Ratsentscheidung korrigieren.
Das Thema ist nicht schlecht gewählt, denn diejenigen, für die der verkaufsoffene Sonntag aus Sicht des Einzelhandels dringend gebraucht wird, dürfen nicht mit abstimmen. Es sind die Kunden aus einem Einzugsbereich vom nördlichen Ruhrgebiet bis nach Oldenburg, von den Niederlanden bis nach Bielefeld. In dieser Region gibt es viele Städte mit verkaufsoffenen Adventssonntagen.
Andererseits dürften viele der Abstimmungsberechtigten einen verkaufsoffenen Adventssonntag nicht so dringend finden. Schließlich haben die Münsteraner diese Geschäfte die ganze Zeit vor der Haustür. Wenn es also zu einem Bürgerentscheid käme, so das Kalkül von Verdi und SPD, könnte diese Schieflage zwischen Vorteil und Abstimmungsberechtigung dazu führen, dass die neue schwarz-grüne Koalition eine erste Niederlage erleidet.
In dieser Gemengelage wird viel vom Münsteraner Einzelhandel abhängen. Wie aktiv bringt es sich in die Auseinandersetzung ein? Gelingt es ihm, die Münsteraner davon zu überzeugen, dass der Handel auf das Umland angewiesen ist? Können die Geschäfte in der Innenstadt deutlich machen, dass auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Interesse ihrer Arbeitsplätze hinter einem verkaufsoffenen Sonntag im Advent stehen? Können die Kaufleute erklären, dass der Dezember über Erfolg oder Misserfolg eines ganzen Jahres entscheidet, Stichwort "Weihnachtsgeschäft".
Und last but not least: Werden sich die Münsteraner Gedanken darüber machen, wie sich der hochqualifizierte Einzelhandel, den sie in ihrer Stadt so schätzen, gegen den Druck des online-Handels behaupten kann, der bekanntlich an JEDEM Sonntag "geöffnet" hat?


Archivtexte Presseausweis

Beiträge 2016