Von , 05.10.2016

Ruprech Polenz

Ruprecht Polenz

"Für das, was in der Vergangenheit geschehen sei, kann man Sie nicht verantwortlich machen. Für das, was in Zukunft geschieht, hingegen schon." Mit dieser Botschaft hat Max Mannheimer, ein Überlebender des Holocaust, gegen das Vergessen gekämpft. Seit Mitte der 80er Jahre hat er in Schulen und kirchlichen Einrichtungen über den Holocaust gesprochen und von seinem persönlichen Schicksal in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Auschwitz, und Dachau erzählt. Vergangene Woche ist er im Alter von 96 Jahren in München gestorben.
Es gibt nicht mehr viele Zeitzeugen, die diese Zeit selbst erlebt und erlitten haben. Einer von ihnen, noch dazu ein guter Freund von Max Mannheimer, lebt jedes Jahr ein paar Monate in Münster, wenn es ihm und seiner zweiten, aus Münster stammenden Frau in New York zu heiß wird: Leslie Schwartz. Er ist heute 86 Jahre alt und hält - wie Mannheimer - unermüdlich Vorträge über sein Überleben, um dem Vergessen entgegen zu wirken.
Als 14jähriger war er dem Tode geweiht. Schwartz gehörte zu den mehr als 400.000 ungarischen Juden, die 1944 nach der Besetzung Ungarns durch deutsche Truppen binnen weniger Wochen nach Auschwitz deportiert wurden, ehe er von dort nach Dachau gebracht wurde.
In Dachau schufteten Zehntausende Häftlinge in Steinbrüchen, Kiesgruben und im Straßenbau. Kurz nach der nationalsozialistischen Machtergreifung war dieses Konzentrationslager bereits am 22. März 1933 errichtet worden. Von den insgesamt über 200.000 Häftlingen starben mindestens 41.500. Außerdem deportierte die SS häufig Häftlinge in die Vernichtungslager.
Schwartz, der Mannheimer in Dachau kennengelernt hat, hat ein Buch über seine Erlebnisse geschrieben. Zuerst erschien es in Dänemark, wo es wochenlang auf den Bestsellerlisten stand. 2010 wurde es unter dem Titel „Durch die Hölle von Auschwitz und Dachau“ in Deutschland veröffentlicht. Der erste Satz lautet: „Ich sollte nicht leben.“
Schwartz berichtet in Schulen sowie Gedenk- und Begegnungsstätten in ganz Deutschland von seinem Leben. „Ich muss Zeugnis ablegen, solange ich kann. Für die jungen Leute, aber auch für mich. Das Berichten befreit mich“, sagte Schwartz der FAZ.
Über 1000 Schulen in Deutschland und in den USA hat Schwartz inzwischen besucht. "Ich war so alt wie ihr..." beginnt er meist und ist begeistert, wie interessiert die Schülerinnen und Schüler zuhören. "The kids are phantastisch", sagt er, der sich in wenigen Tagen wieder auf den Weg nach New York machen wird. Aber im April will er wiederkommen nach Münster.
Wer ihn zu einem Vortrag einladen will, kann das tun: lazloschwartz@yahoo.com - Ruprecht Polenz


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