Von , 08.02.2017

Für Freitag, 10.2. um 19 Uhr,

Keinen Meter dem Rassismus

Für Freitag, 10.2. um 19 Uhr, bittet das Münsteraner Bündnis "Keinen Meter den Nazis" zusammen mit Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Initiativen alle Bürgerinnen und Bürger zu einer friedlichen Kundgebung auf dem Domplatz, die der zeitgleich im Rathaus versammelten AfD ein Zeichen setzen will. Eine vom Flüchtlingsnetzwerk Hiltrup mit unterstützte Flüchtlingsinitiative wird mit einem Redebeitrag vertreten sein, den wir hier vorab - für alle, die an der Kundgebung nicht teilnehmen können - abdrucken. Wir meinen, es reicht nicht, über Geflüchtete zu reden, sie sollen selbst zu Wort kommen, um ihre Situation zu schildern.
Für ihren Mut, sich zu Wort zu melden, bedanken wir uns ausdrücklich. - Arno Tilsner


Wir grüßen das liebe Publikum
Eine kurze Rede an die gastfreundlichen und leistungsstarken Menschen von Deutschland:
Wir bitten um Zeit:
Wir Afghanen sind nicht hier wegen banaler wirtschaftlicher Probleme zu Hause.
Wir sind gekommen wegen großer Probleme in unserem Land:
- Wir haben endlosen Krieg.
- Wir leben in ständiger Angst und Unsicherheit. Leben und Tod sind unberechenbar.
- Viele Menschen halten das nicht aus. Sie wissen nicht, wie sie besser leben können.
- Und es gibt Menschen, die uns Zivilisten mit Selbstmord töten. Nicht nur zwei Mal im Jahr an einem Platz. - Viele Menschen sind verschwunden. Wer ist hier Zivilist? Und wer ist genug „politisch Verfolgter“ für das Asyl-Recht?
In Deutschland vertrauen die Menschen auf die Polizei. In Afghanistan können wir der Polizei nicht vertrauen, weil sie auch für die Opposition arbeitet. Wir wissen nicht, ob der Nachbar wirklich unser Freund ist. Das ist ein bisschen wie in der ehemaligen DDR.
Die Bedrohung ist überall, allgegenwärtig. Das ist der Grund, warum wir gekommen sind.
Wenn wir zu einem sicheren Platz wollen, gibt es Kontrollen, die uns nicht gehen lassen.
Da wo die Regierung sagt, dass es sicher ist, sind oft Leute gegen uns: Weil wir etwas anders denken und leben möchten - oder weil wir unsere Religion anders verstehen als sie.
Oder sie nehmen unsere Frauen und Kinder weg: Sie benutzen sie für sich – oder, um mit ihnen Geld zu verdienen. Oder um sie in diesen Krieg zu schicken.
Wir haben mit unserem Leben gespielt, als wir mit unseren Kindern über Berge, Flüsse und durch Wälder gegangen sind. Manches Mal hatten wir nichts zu essen und trinken. Wir sind hier angekommen, um in Frieden und Ruhe zu leben. Wir wollen etwas anderes als Krieg lernen und Kraft haben, wenn wir später in unser Land zurückgehen.
Und das braucht Zeit.
Wir können nicht verhindern, dass in der Masse auch manche Flüchtlinge sind, die kriminell sind und mit schlechten Absichten hierhin gekommen sind. Aber wir sind zuversichtlich, dass die deutsche Regierung die Macht und die Fähigkeit hat, sie zu identifizieren und sie sofort zurück zu schicken. Wenn wir können, helfen wir der deutschen Polizei.
Wir können nichts dafür, dass wir in Afghanistan geboren sind, eine andere Kultur gelernt haben.
Aber die meisten von uns unternehmen große Anstrengungen, um sich in die Gesellschaft zu integrieren. Viele von uns haben angefangen, die Sprache zu lernen – online, oder in Deutschkursen, für die Deutschland viel Geld bezahlt hat. Wir setzen unsere Bemühungen fort, auf unseren eigenen Füßen zu stehen und den anderen Menschen Gutes zu tun.
Aber das braucht Zeit.
Wir sind gute Gastgeber. In unserem Land können wir das nicht sein für euch, weil nur Soldaten kommen – warum? Ist es nicht sicher? Aber wir freuen uns, wenn Deutsche unsere Gäste sein wollen -
in dem Zuhause, was Sie uns hier gegeben haben.
Unser Wunsch ist: Glauben Sie bitte nicht die falschen Versprechen und Lügen der Anführer der afghanische Regierung. Sie geben uns keinen Schutz - und keine Hilfe, damit wir sicher sind. Die Gefahr von der Opposition ist genauso präsent wie vor unserer gefährlichen, langen Flucht. Die Opposition kann uns – die Menschen die zurück müssen - überall finden.
An den Orten, die angeblich sicher sind, finden wir keine Arbeit, kein Leben, wo wir unsere Fertigkeiten einsetzen können. Viele Afghanen haben eine wertvolle Ausbildung – aber noch droht ihnen der Tod, wenn sie ihr Können einsetzen. Ihr Leben, ihre Anstrengung ist dann vergeudet.
Wir wollen, dass unsere Integrationsleistung anerkannt wird - bevor die Beamten den Brief schreiben, dass wir sofort abgeschoben werden.
Schickt uns nicht zurück - Gebt uns die Zeit, die wir brauchen, um sicher zu sein.
Und: Wir wünschen den syrischen und irakischen Menschen hier, dass unsere Rede ihnen hilft, wenn die deutsche Regierung beginnt zu überlegen, ob Syrien und Irak „sichere“ Länder sind.

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