Von , 15.02.2017

Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz

Münster war vergangenes Wochenende bundesweit in den Schlagzeilen. Der Protest von über 8000 Menschen auf dem Prinzipalmarkt gegen den Neujahrsempfang der völkischen und nationalistischen AfD war auch ein Thema für die Tagesschau. Damit hat Münster ein deutschlandweites Signal gesetzt gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus und für unsere offene und vielfältige, multikulturelle Stadtgesellschaft.
Und wie ist dieses eindeutige Signal bei der AfD angekommen? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird der Protest einfach weggelogen. Der AfD-Kreisverband Münster behauptet auf seiner Homepage, von den Demonstranten seien maximal 400 aus Münster gewesen. Den Rest hätte man aus ganz Deutschland zusammengekarrt. Und auf Facebook verbreitet die AfD einen Fotoausschnitt der Demonstration und behauptet, es seien maximal 1000 dabei gewesen.
Nicht immer sind die Lügen der AfD so leicht zu überprüfen und zu durchschauen. Mit Kriminalitätsstatistiken ist das schon schwieriger. Hier hatte die AfD-Vorsitzende Petry behauptet, das Bundeskriminalamt (BKA) habe eine deutlich gestiegene Kriminalitätsrate bei Flüchtlingen festgestellt. Als das BKA diese Behauptungen zurückwies und erklärte, dass im Gegenteil die Kriminalitätsrate unter Flüchtlingen gesunken sei, entgegnete Petry, das BKA rede die eigenen Statistiken schön.
Die Beispiele zeigen: die AfD lebt in einer selbst zusammengereimten Welt, unabhängig von der Wirklichkeit. Was nicht in das Gedankengebäude der AfD passt, wird als nicht existent wegdefiniert, geleugnet oder passend gemacht. Die Parallelen zu abgekapseltem Sektendenken liegen auf der Hand. Auch dort gibt es für eine Diskussion mit Andersdenkenden keine gemeinsame Wirklichkeits-Basis mehr.
Deshalb kommt es darauf an, das Abgleiten von Menschen in den Bannkreis der völkisch-nationalistischen AfD zu verhindern. Auch dafür war die Demonstration der 8000 das richtige Signal. Die AfD sieht darin einen Beweis für ein politisches Kartell, das Deutschland beherrsche und dem sie als einzige Opposition gegenüberstehe.
Aber auch hier ist das Gegenteil richtig. Aufgerufen vom DGB bis zu den Kirchen, dem Integrationsrat, den politischen Parteien und vielen Initiativen und Organisationen waren tausende auf den Prinzipalmarkt gekommen, um für ein weltoffenes, buntes, vielfältiges und multikulturelles Münster zu demonstrieren, wo Menschen aus 186 Nationen gut und friedlich zusammenleben.
Wie dieses Zusammenleben im einzelnen organisiert werden soll, darüber gehen die Meinungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, von CDU, SPD, Grünen oder FDP auseinander. Aber in einem sind sich alle außer der AfD einig: diese Auseinandersetzung soll im Rahmen einer offenen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft geführt werden. Man nennt das nicht ein politisches Kartell, sondern die Gemeinsamkeit der Demokraten. - Ruprecht Polenz


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